Westwärts 2023

Mit dem Renn­es­el von Neu­en­burg am Rhein an den Atlan­tik bei Nan­tes vom 17. bis 29. August 2023. Eine wun­der­ba­re Hit­ze­schlacht mit sport­li­chen Etap­pen …

Voll­bild


Pro­log

Es hat sich bewährt, mit dem Don­ners­tags­dö­ner Tou­ren zu begin­nen.

Nach kur­zem hef­ti­gen Gewit­ter­schau­er ging es flott nach Stutt­gart. Erfri­schen­de Luft. Gute Lau­ne. Lecke­rer Döner. Wir hat­ten mit Ala­tur­ka gelieb­äu­gelt, das wäre aber zu hek­tisch gewor­den.

So ging das schön ent­spannt los. Die Ent­span­nung setzt sich in Zug 1 von 2 fort. Wenn mich Zug 2 mit­nimmt geht es heu­te Abend ab Müll­heim (zwi­schen Frei­burg und Basel) los.

Nach Wes­ten. Baden im Atlan­tik ist der Plan und der Weg dort­hin ist mal wie­der das Ziel 😊 Das war ein spon­ta­ner Plan, Alpen waren ange­dacht. Dank der Schwä­che letz­ten Don­ners­tag wird es jetzt eine fla­che Tour.

Bin sehr gespannt. Auf alles 💕


Tag 1

Gegen 22 Uhr kom­me ich in Müll­heim nahe der fran­zö­si­schen Gren­ze an. Schla­fen macht erst mal kei­nen Sinn, ich star­te in die Nacht. Für Vie­le ist das nichts. Für mich auch nicht. Ich machs halt trotz­dem. Immer wie­der 😉

“Nachts sieht man doch fast nichts”. Stimmt, das Elend woll­te ich lie­ber gar nicht sehen. Raf­fi­ne­rien, Gross­in­dus­trie in Rhein­nä­he. Man riecht es und kann es erah­nen.

Ein Wald. Unglaub­lich viel los. Rehe ren­nen im Licht der Lam­pe über den Weg. Dann ein Löwe, ich schwörs. Nur ohne Geweih.

Rhein-Rho­ne-Kanal. Fische sprin­gen stän­dig aus dem Was­ser, rechts raschelt, quakt und tut es, ab und zu star­ten Rie­sen­vö­gel neben mir, Grau­rei­her viel­leicht.

Gegen 2 oder 3 Uhr wird es gefühlt ganz schön kalt. Feuch­te Luft mit 15 Grad. Ich denk ja immer, wird bald hell, dann wird es warm. Biss­chen frös­teln ist nicht so wild. Erst wenn ich rich­tig frie­re zieh ich mir was über und den­ke dann, wie blöd die­se sinn­lo­se Frie­re­rei ist.

Dumm war, dass ich nur 2 ange­matsch­te Bana­nen und 2 Liter Was­ser dabei hat­te. In der Nacht gibts nichts. Kei­ne Tank­stel­len am Weg. Hun­ger, Durst. Tol­le Pla­nung!

06:30, es war schon hell, ein Bäcker. Kaf­fee und Crois­sants und so Zeug in ver­schie­de­nen Vari­an­ten. Nach­schlag. Dazu Was­ser. Ich hat­te so einen Heiss­hun­ger!

Inzwi­schen war ich an der oder dem Doubs ange­kom­men. Im Mor­gen­licht wun­der­schön, spä­ter dann auch mal öde. So sind sie halt manch­mal, die Flüs­se.

Es wur­de kusche­lig warm. Sies­ta, Sna­cken, Radeln, SIes­ta, Sna­cken, Radeln. Abküh­len! Meri­no­shirt klatsch­nass machen und anzie­hen gibt ca. 20 Minu­ten ange­neh­mes Fee­ling.

Jetzt bin ich recht früh auf einem Cam­ping­platz mit Bade­mög­lich­keit gestran­det, hab lang mit mir gekämpft, ob ich nicht noch ein paar Stun­den rad­le. Faul­heit hat gesiegt 🙂

So war er. der ers­te Tag. Bis jetzt.


Tag 2

Ges­tern hab ich mich nach dem Schwim­men auf die Wie­se gelegt und bin sofort ein­ge­pennt. Spä­ter Wech­sel ins Zelt, draus­sen war es feucht.

Früh auf­ge­wacht, Zelt und Kram zusam­men­ge­packt und los. Früh los­fah­ren ist schon toll. Wenn mir nur das Auf­ste­hen nicht meis­tens so schwer­fal­len wür­de!

Es ging ent­lang dem Doubs. Rüber an die Saon­ne, zurück an den Doubs und wei­ter bis zum Zusam­men­schluss, wo der Doubs ein­fach von der Saon­ne geschluckt wird. Wer ent­schei­de eigent­lich, wie der Fluss danach heisst. Wäre ein Dop­pel­na­me nicht fai­rer?

Ich hab mich kom­plett mit der Land­schaft ange­freun­det. Es sind zwar nicht hin­ter jedem Eck (wenn es denn mal eins gibt) WOW-Momen­te. An einem lan­gen Tag gibt es aber doch viel zu bestau­nen.

Heu­te hab ich Bade­ver­bots­schil­der (gan­ze Land­krei­se stel­len pau­scha­le Schil­der auf) gene­rell igno­riert und hab ein paar schö­ne Bade­stel­len gefun­den.

Mit Ver­sor­gung sieht es direkt am Euro­ve­lo 6 eher mau aus. Ich wun­de­re mich, dass da nicht der eine oder die ande­re am Weg was Net­tes anbie­tet.

Kurz wur­de ich dann aber 3 oder 4 mal über­rascht. Ein Schleu­sen­wär­ter hat draus­sen 3 Tische und Stüh­le hin­ge­stellt und ser­viert Kaf­fee und Kalt­ge­trän­ke. Geht doch.

An den Kanä­len hier gibt es hun­der­te klei­ner Schleu­sen, oft mit einem klei­nen Häus­chen, in dem ein Schleu­sen­wär­ter lebt. Oder Wär­te­rin. Ich hab nur Män­ner gese­hen. Das erin­nert mich an die Bahn­wär­ter­häus­chen frü­her bei uns. Der Vater einer Jugend­freun­din war noch Bahn­wär­ter 🙂

Aus­ser Sao­ne und Doubs gab es also noch unzäh­li­ge Kanä­le und am Ende einen wei­te­ren Fluss. Den Namen reich ich nach oder auch nicht weils egal ist.

Ich hat­te beschlos­sen, den Tag gemüt­lich anzu­ge­hen, obwohl ich wie­der gern Kilo­me­ter fres­sen woll­te. Bin dann lang gefah­ren, ich fahr ja gern abends.

Da kein Cam­ping­platz in Sicht war hab ich es mir an einer ver­las­se­nen Schleu­se bequem gemacht. In der Däm­me­rung noch kurz ins Was­ser gehüpft. Das ersetzt die Dusche 🙂

Das wars mal wie­der auf die Schnel­le. Ich muss in die Fal­le.

Gute Nacht.


Tag 3

Die “wil­de” Nacht war klas­se, ganz brav hab ich in der Mor­gen­däm­me­rung das Zelt abge­baut und war ver­schwun­den, bevor die ers­ten Ang­ler unter­wegs waren.

Ein Stück­chen am Kanal ent­lang, Crois­sants in ein paar Vari­an­ten in einem klei­nen Städt­chen geschnappt. Kaf­fee war Fehl­an­zei­ge. Es ging wel­lig, hüge­lig oder gar fast ber­gig wei­ter, auf und ab durchs Nie­mands­land.

Nach gut 30 km ein Cam­ping­platz. Kaf­fee­eeeeeee 🤩

Irgend­wann war ich wie­der an einem Kanal, Abste­cher in ein wei­te­res Städt­chen. Da war mal was los und es gab Aus­wahl. Auf Piz­za hat­te ich Lust, fein­fein.

Mit­tags wie­der viel Sies­ta, muss ich halt wie­der abends Gas geben. Zum Glück lie­fen mir Bana­nen, Äpfel, Yoghurt und Geträn­ke über den Weg. Das hebt die Lau­ne. Die war aber eh gut.

Die Loire emp­fing mich sen­sa­tio­nell. Ich radel an einem Kanal ent­lang (ja, hier gibt es Kanä­le, hab ich bis­her ver­schwie­gen) … da taucht sie auf. Der Kanal geht auf einem lan­gen Via­dukt über die Loire und das alles sieht fan­tas­tisch aus.

Ansons­ten hab ich von der Loire heu­te nicht viel gese­hen. Es ging wie­der auf und ab auf klei­nen Sträß­chen und Wirt­schafts­we­gen oder an Kanä­len ent­lang.

Am Ende ein paar Kilo­me­ter genau auf die tief­stehen­de Son­ne zu. Wun­der­bar 💕

Wenn es bes­te Tage gibt dann war das heu­te einer davon 😉 Ich freu mich auf mor­gen! Eh klar.


Tag 4

Ein Scheiß­tag. Bestimmt wer­de ich ihn irgend­wie schön schrei­ben doch glaubt mir, egal was ihr noch lest. Es war ein Scheiß­tag.

Es fing gut an, ges­tern noch. Die Rezep­ti­on am Cam­ping­platz war schon zu, ich hab brav die in dem Fall anzu­ru­fen­de Num­mer ange­ru­fen. Ich darf mir einen Platz aus­su­chen und soll mor­gen früh bezah­len. Ich frag, wann denn mor­gens jemand da ist. Ab 8 Uhr. Ich fahr aber gegen 7 Uhr. Egal, dann sind Sie herz­lich ein­ge­la­den, trotz­dem zu über­nach­ten 🙂

Tat­säch­lich bin ich gegen 7 Uhr auf­ge­bro­chen, das klappt gera­de echt gut. Die Nacht war warm und tro­cken, die 3 Kla­mot­ten waren früh mor­gens tro­cken, obwohl ich sie erst bei Dun­kel­heit auf­ge­hängt hat­te. Die Näch­te davor war immer alles nass. Gras, Zelt, Kla­mot­ten.

Kaf­fee gab es sofort im Ort. Crois­sants und so Zeug auch. Bis­her läuft es 💕

Dann … 55 km gera­de­aus an einem Kanal ent­lang, groß­teils auf Rum­pel­asphalt. Wenn das Navi schon den ers­ten Abzweig nach 32 km anzeigt ahne ich, was abgeht. Der Abzweig ent­puppt sich dann als “wei­ter am Kanal ent­lang”. Es war zäh, mono­ton und Zip­per­lein mel­de­ten sich. Eine Bla­se an der lin­ken Fer­se, biss­chen Nacken, Schul­ter und Ellen­bo­gen. Alles nicht dra­ma­tisch. Nor­ma­ler­wei­se kann ich das gut weg­ste­cken. Lege WOWs und OhGott­WieIst­Das­Schöns drü­ber und Zip­per­lein sind ver­ges­sen, tau­chen kurz mal hier oder da auf.

An der Stel­le muss ich mal erwäh­nen, dass ich nicht alles easy peasy run­ter­stramp­le und die Moral und Moti­va­ti­on immer mal den einen oder ande­ren Hän­ger hat.

Heu­te war das stun­den­lan­ge Gedan­ken­ka­rus­sell an der mono­to­nen Stre­cke nega­tiv geprägt und sämt­li­che bewähr­ten Stra­te­gien haben ver­sagt.

Irgend­wann kam dann doch mal was spek­ta­ku­lä­res. Wie­der so ein Via­dukt über die Loire und tol­le Aus­bli­cke. Sen­sa­tio­nel­le Bade­stel­len. Geba­det hab ich öfter. “Bai­gna­de inter­dit”. Drauf geschis­sen. Wenn jemand käme könn­te ich ja sagen … “ich war nur im Fluss spa­zie­ren und bin hin­ge­fal­len” oder so Zeug. Der am län­ge­ren Hebel sit­zen­de Ord­nungs­hü­ter fän­de das aber sicher­lich nicht wit­zig, daher ist vor­ge­täusch­te Ein­sicht sicher die bes­se­re Alter­na­ti­ve … “ist gefähr­lich? Echt? Wuss­te ich nicht. Was Sie alles wis­sen. Dan­ke!”. Oder so.

Nach dem Kanal ging es län­ge­re Stü­cke auf Sträs­s­chen ohne Was­ser dane­ben. Ohne Schat­ten. Es war schon 13 Uhr durch. Heiss heis­ser noch heis­ser. Ich mag das ja. Nicht heu­te. Ich will mei­nen ätzen­den Kanal zurück 😅

Okay. Ich woll­te was essen gehen. Restau­rant geschlos­sen. 10 km wei­ter. Vie­le Restau­rants in einem Städt­chen. Geschlos­sen. Immer­hin ein Super­märkt­chen. Baguette, Toma­ten, Gur­ke, Zwie­bel, hat­te Lust auf was Fri­sches, es kommt ja in ca. 10 km wie­der ein Restau­rant. Geschlos­sen.

Ich kürz es ab. Um 18 Uhr gab es … DÖNER 🙂 Mit Pom­mes. Ich woll­te zwar so rich­tig rich­tig rich­tig lecker essen gehen. Jetzt war der Döner aber PERFEKT. Ein ehr­li­ches Fut­ter 😉

Heu­te hat­te ich abso­lut kei­ne Lust mehr, den abend­li­chen Flow zu nut­zen und noch ein paar Kilo­me­ter von der Uhr zu neh­men.

Ab zum Cam­ping­platz. Rezep­ti­on geschlos­sen, ein Typ kommt ums Eck, wit­zelt leicht ange­dü­delt auf eng­lisch rum. Zu spät, Du kommst hier nicht rein. Musst mor­gen wie­der­kom­men. Joke. Cash oder Kar­te? Cash macht 10 Euro. Passt. Wei­ter schö­nen Fei­er­abend 🙂

Jetzt geh ich frisch geduscht noch­mal ins Städt­chen. Ich hab Durst ohne Ende und kei­nen Bock auf Was­ser, von dem ich mir den Tag über 10 bis 15 Liter rein­schüt­te. Ten­denz Rich­tung 15 Liter.

Ja, das war ein Scheiß­tag aber am Ende hat er noch eini­ger­mas­sen die Kur­ve bekom­men.

Die Loire soll­te sich aber was ein­fal­len las­sen. Fünf­hun­der­tir­gend­was Kilo­me­ter noch. Da wär die eine oder ande­re posi­ti­ve Über­ra­schung nicht schlecht!

Au revoir 😊


Tag 5

Neu­er Tag, neu­es Glück. Wie gehabt ging es früh los. Bar Tabac Epi­ce­rie. Per­fekt. Das deckt gleich mal alle Grund­be­dürf­nis­se.

Heu­te hab ich Selbst­ver­sor­gung ein­ge­kauft, um mich von erfolg­lo­sen Suchen unab­hän­gig zu machen. So kam dann auch ein geöff­ne­tes Restau­rant nach dem ande­ren 😉

Ein hüb­sches Café mit einer Apo­the­ke dane­ben. Zeit, sich mal um die Bla­se zu küm­mern. Die fahr ich seit Tagen mit mir rum, es hat sich biss­chen zu stark ent­zün­det um es wei­ter­hin zu igno­rie­ren. Aus­ser­dem tuts halt ein­fach weh. Die Apo­the­ke­rin ver­steht die Goog­le-Über­set­zung nicht. Nach biss­chen Erklä­rung tippt sie Das fran­zö­si­sche Wort ein, Goog­le spuckt auf deutsch Bir­ne aus. Bir­ne find ich gut. Ich zeig ihr dann halt ein­fach die Bla­se und geh mit Bla­sen­pflas­ter und Des­in­fek­ti­ons­mit­tel raus und hau das Zeug gleich bei einem Café drauf 😉 Wun­der­bar, tut auch gleich fast nim­mer weh.

Der Weg war heu­te super abwechs­lungs­reich. Das gest­ri­ge Tief ver­ges­se ich ein­fach. Atom­kraft­wer­ke, tol­le Städt­chen und immer wie­der die Loire. Heu­te hat sie mir aus­ge­spro­chen gut gefal­len. Ich war mehr im Was­ser als auf dem Rad.

Die offe­nen Restau­rants hab ich erst mal igno­riert und mein ein­ge­kauf­tes Zeug ver­ve­s­pert. Das war auch mal rich­tig lecker. Ab und zu ein Kalt­ge­tränk und Was­ser auf­fül­len.

Gegen Abend kam ich dann in Orlé­ans an. EIne grös­se­re Stadt. da war dann doch noch ein Restau­rant fäl­lig. Apro­pos … dass es alko­hol­frei­es Bier gibt hat sich in Frank­reich noch nicht rum­ge­spro­chen. Heu­te hab ich eins ergat­tert. Ein zwei­tes gabs nim­mer. Immer­hin 🙂

Dann waren da noch die drei jun­gen Ker­le, die ich ges­tern schon gese­hen hab. Um die 17 Jah­re alt. Der eine Mit einer Len­ker­ta­sche. Der Nächs­te mit einer Sei­ten­ta­sche hin­ten, der Drit­te mit einem Täsch­chen auf dem Gepäck­trä­ger. Ges­tern dach­te ich, die radeln mal kurz irgend­wo an den Fluss zum Baden.

Heu­te hab ich gefragt. SIe sind auf 4‑tägiger Tour, haben prak­tisch nichts dabei und pen­nen irgend­wo auf einer Pick­nick­de­cke. Cool. Jugend­li­che Unbe­schwert­heit 🙂

Die hab ich nim­mer so ganz aber ich arbei­te am Pro­jekt “in Wür­de Kind blei­ben”.

So weit so gut, mor­gen gehts wei­ter. Falls ich es noch nicht zum Aus­druck gebracht hab, heu­te war ein phan­tas­ti­scher Tag 💕


Tag 6

Ich hab den Wecker mehr­fach weg­ge­drückt und bin eine Stun­de spä­ter auf­ge­stan­den als die letz­ten Tage. Im Halb­schlaf hab ich Ideen gesam­melt, wie es wei­ter­ge­hen soll.

Das Wet­ter wird kip­pen. War­um nicht einen der letz­ten hei­ßen Tage ganz rela­xed gestal­ten, mit viel Was­ser­spaß …

Die Idee, die Tour jetzt zu fah­ren kam ja rela­tiv spon­tan. Ich hab sie schon lan­ge auf dem Schirm, hab aller­dings im Moment nur begrenzt Zeit. Das tol­le Wet­ter muss­te aber unbe­dingt genutzt wer­den. So kam der Plan zustan­de, die ca. 1200 mög­lichst in 8 Tagen zu fah­ren. Sport­lich opti­mis­tisch rea­lis­tisch. Mög­lichst am Anfang so viel Kilo­me­ter wie mög­lich weg­hau­en. Da ich nicht total bescheu­ert bin hab ich mir 2 oder gar 3 Tage Reser­ve ein­ge­baut.

Ich kann mir heu­te also eine Art Ruhe­tag leis­ten. Bis­her lieg ich ja mehr als gut im Plan 🙂 Klar, dass die­se Tour ganz anders ist als kürz­lich die Slo­we­ni­en-Tour. Das ist auch gut so. Sowas kann man nicht wie­der­ho­len, top­pen oder wie auch immer. Abwechs­lung ist gut.

Los gings also erst um 8 Uhr. Ich erzähl mal gar nicht viel vom Weg oder der Land­schaft. Bur­gen, Kir­chen, Fluß, Wein­ber­ge, Städ­te, Dör­fer, abwechs­lungs­rei­che Wege … Wun­der­bar.

Ich war heu­te im Flow. Medi­ta­ti­ves Radeln. Gedan­ken­welt. Ein paar Stich­wor­te … Wes­pen­stich … Gift … Pfeil … India­ner … ist das noch kor­rekt? … kom­pli­ziert … Ver­än­de­run­gen … letz­te Gene­ra­ti­on … ich bin dann unge­fähr die dritt­letz­te … Ziel­ge­ra­de … End­spurt … kei­ne Kin­der mehr? … wo vögeln doch so geil ist (sagt ein Freund 😁) … ich glaub nicht dran (dass die letz­te Gene­ra­ti­on kei­ne Kin­der bekommt) … möch­te gern noch biss­chen Kin­der­sport machen … Über­be­völ­ke­rung müs­sen wir anders in den Griff bekom­men … das Ster­ben attrak­ti­ver machen … Döner­gut­schei­ne für den Him­mel … oder die Höl­le … und so wei­ter und so fort …

50 km rum 😉

Unter­bro­chen durch baden, essen, Städt­chen. Man könn­te das hier auch alles total anders machen, lang­sa­mer, sich Kul­tur und Geschich­te rein­zie­hen. Davon gibt es jede Men­ge. Steht aber nicht auf mei­nem Plan und ich ver­mis­se es nicht.

Kilo­me­ter schrub­ben, Bir­ne frei bekom­men, schö­ne Land­schaft sehen und es mir zwi­schen­durch gut­ge­hen las­sen reicht mir 🙂

Letzt­end­lich kamen dann doch wie­der etli­che Kilo­me­ter zusam­men. Ein­fach so. An die­ser Stel­le dan­ke an die Bei­ne, die behalt ich, die sind ein­fach gut! Dan­ke auch an den Renn­es­el. Ich will den Tag ja nicht vor dem Abend loben aber die alte Müh­le schnurrt vor sich hin. Die Wege sind noch dazu zu 99% renn­rad­taug­lich.

Noch ca. 270 km bis ans Meer. Ich glaub, das wird was. Bis mor­gen 🙂


Tag 7

Heu­te war Regen/Gewitter ange­sagt. Ich fuhr auch gleich auf eine schwar­ze Wand zu. Dann ging es los. Blitz, Don­ner, Stark­re­gen. Blit­ze fin­de ich auf dem Rad immer wie­der leicht beun­ru­hi­gend.

Es ging durch Wäl­der aber auch wie so oft über offe­nes Gelän­de. Sehr schö­ne Wege durch Dör­fer und auch grö­ße­re Städ­te. Tem­pe­ra­tur­sturz. 18 Grad. Da kann ich glatt mit Regen­ja­cke fah­ren ohne abar­tig zu schwit­zen 🙂

Anstatt Bade­pau­sen hab ich so man­chen Stark­re­gen­schau­er bei einem Café und oder Snack aus­ge­ses­sen. Unterm Strich bin ich aber auch in dem Siff viel gefah­ren und gut vor­wärts gekom­men. Es hat Spaß gemacht 💕

Ich fuhr von einer Gewit­ter­zel­le in die Nächs­te. Gegen 15:30 Uhr war der Spuk vor­bei, die Son­ne kam raus und die Tem­pe­ra­tur klet­ter­te wie­der auf über 30 Grad.

Mit der Loire hab ich mich inzwi­schen rich­tig gut ange­freun­det. SIe ist ganz anders als ich sie mir vor­ge­stellt hab. Breit, flach, natür­lich. Kei­ne Schiff­fahrt. Sand­bän­ke, Was­ser­vö­gel. Ich dach­te eher an sowas wie den Rhein oder den Neckar ab Stutt­gart.

Dazu Schlös­ser, Bur­gen, Wein­ber­ge, die hier kei­ne Ber­ge sind. Wein­ebe­nen sozu­sa­gen. Ein Dorf mit Höh­len­häu­sern und jeder Men­ge Kunst­ge­wer­be und net­ten Cafés.

Hüb­sche und häu­fi­ge Gas­tro­no­mie. So hat­te ich mir das vor­ge­stellt. Wenn ich durch Schwe­den oder Kana­da fahr weiss ich, dass ewig nichts kommt und bin dar­auf ein­ge­stellt. Hier war ich teil­wei­se ent­täuscht, dass so viel Tote Hose war.

Hüb­sche Natur­we­ge. Nach­teil, man kommt teil­wei­se nicht vor­an. Nach­teil, bin wie­der gestürzt. Wie vor 2 Wochen. Schmie­rig sei­fi­ger Dreck, Vor­der­rad macht was es will. Abstieg über den Len­ker. Mei­ne Taschen waren dre­ckig … *heul*… Spaß. Wie­der wei­che Lan­dung, alles heil 🙂

Am Ende, ich war auf Fei­er­abend ein­ge­stellt war 1 km vor dem Cam­ping­platz auf der ande­ren Sei­te die Brü­cke gesperrt. Noch­mal 10 km wei­ter. Voll­gas den Son­nen­un­ter­gang auf der nächs­ten Brü­cke gejagt, 2 Minu­ten zu spät, sie hat nur noch mini­mal über den Hori­zont gespi­ckelt. Trotz­dem tol­le Lich­spie­le.

Nur noch 70 km bis Nan­tes bzw. ca. 120 bis ans Meer. Geil! Ich freu mich schon wie­der end­los auf mor­gen 💕


Tag 8

Zwangs­aus­schla­fen 🙂 Ges­tern war die Rezep­ti­on mal wie­der geschlos­sen, ich durf­te mei­nen Aus­weis abge­ben und heu­te ab 8 Uhr zum bezah­len vor­bei­schau­en. Wenn­schon­denn­schon wur­de es dann 9 Uhr. Das tat mal gut!

Es war kühl und grau aber tro­cken. Sehr win­dig. Vor 2 Tagen stand die Pro­gno­se noch auf Nord­ost­wind, schräg von hin­ten. Die Fah­nen am Cam­ping­platz wuss­ten davon nichts. Ganz klar West­wind. Shit.

Dem­entspre­chend müh­sam ging es heu­te vor­an. Hab dann erst mal biss­chen weni­ger Pau­sen ein­ge­legt. Ich war auch nicht in Foto­gra­fier­lau­ne, das Licht gab heu­te nicht viel her.

Die Stre­cke hab ich erst mal abge­ar­bei­tet und den Gedan­ken dabei frei­en Lauf gelas­sen. Dann fuhr ich auf Josef auf. Ging vor 5 Jah­ren in Ren­te, hat alles ver­kauft und ist seit­dem als Fahr­rad­no­ma­de unter­wegs. Mit Pau­se zu Hau­se wegen einer OP. Mit ihm bin ich etwa eine Stun­de lang zusam­men gera­delt, er hat­te viel zu erzäh­len 🤩

In Nan­tes ver­ab­schie­de­ten wir uns, er woll­te biss­chen Stadt anschau­en, ich woll­te wei­ter. Raus aus der Stadt war zäh. Häss­li­che Vor­or­te mit viel Indus­trie. Trotz­dem irgend­wie kurz­wei­lig. Noch knapp 50 km bis zum Atlan­tik.

Die Son­ne kam dann auch mal raus. Ein hüb­sches Restau­rant mit Blick auf die Loire, gros­se Pau­se, Cam­ping­plät­ze recher­chie­ren. Die am Meer klan­gen gar nicht gut. Ani­ma­ti­ons­zen­tren mit wenig Platz für Zel­te, Jubel Tru­bel.

Gelan­det bin ich jetzt auf dem letz­ten Cam­ping­platz an der Loire, 5 km vom Meer ent­fernt. Das schau ich mir dann mor­gen den gan­zen Tag lang an 🙂

Der Cam­ping­platz hier ist echt cool. Ein Are­al für Rad­fah­rer. Mit Küchen­zelt, Lade­mög­lich­kei­ten, Fahr­rad­zelt mit Werk­zeug usw.

Hier sit­zen eini­ge Rad­fah­rer rum. ‑Innen auch 😉 Wird wahr­schein­lich ein schö­ner Abend.

Nicht weit von hier ist ein klei­ner Ort mit einem gro­ßen Super­markt. Per­fekt. Ich brauch Mate­ri­al um mein Rad für die Heim­rei­se zu ver­pa­cken. Da muss ich mich mor­gen mal drum küm­mern. Ich geh davon aus, dass ich das Rad zer­le­gen muss, wenn es über­haupt noch Plät­ze gibt.

Egal, das inter­es­siert mich heu­te Abend nicht mehr. Bin ja noch nicht mal am Ziel. Das Fina­le kommt mor­gen.

Ich den­ke, davon erzäh­le ich, wenn ich im Zug nach Hau­se sit­ze. Bis hier­her war es unterm Strich mal wie­der rich­tig klas­se. Nicht alles aber das meis­te. Jetzt ist Zeit für zwei plan­lo­se Tage 😊

Dan­ke für Eure vie­len Feed­backs, die sor­gen immer wie­der für Erhei­te­rung oder Moti­va­ti­on 💕


Tag 9

Ich mach mal wei­ter. Gott in Frank­reich. Heu­te ver­steh ich, war­um 💕

Erst mal biss­chen Regen, schlaf ich halt noch ein wenig. Früh­stück, Zug­ti­cket gebucht. Für Mon­tag gab es nur noch Drei­hun­der­tir­gend­was-Euro-Tickets, dann fahr ich halt Diens­tag erst. Umso bes­ser. 3 vol­le Tage Zeit hier 🙂

Mit­tags gings dann gegen den Wind ans Meer. Sehr sehr müh­sam, die Bei­ne dach­ten wohl, es ist vor­bei. Da müs­sen sie durch. Heu­te woll­te ich über die gro­ße Brü­cke nach Saint Nazai­re. So eine Rie­sen­brü­cke reizt mich natür­lich.

Erst war es nicht pri­ckelnd, dann übel und mit­ten­drin hat­te ich dann so rich­tig Stress. Böiger Sei­ten­wind, schma­le Fahr­rad­spur und Autos, die auch nicht viel Platz haben, mir Platz zu las­sen. 4 Kilo­me­ter lang.

Egal, ich kam heil rüber. Ein­kau­fen, Kaf­fee hier, Snack dort und end­lich an den Strand. Das Meer ist schon klas­se. Ich kann ein­fach dasit­zen und glot­zen. Eine Stun­de lang.

Die­se täg­li­che Kilo­me­ter­ge­schrub­be war schon manch­mal nicht so ganz ent­spannt, ohne wär ich aber jetzt nicht hier. Jetzt kriecht sie in mir hoch. Die Tie­fen­ent­span­nung 🙂

Baden muss ich halt noch, schliess­lich bin ich ja des­halb hier. Ich hab einen Strand für mich allein, dach­te, hier sei es bre­chend voll. Geni­al!

Es roch nach Cre­pes. Ess ich halt Cre­pe. Es roch nach Piz­za, ess ich halt Piz­za. Es roch noch öfter und anders, das sprengt den Rah­men. Aus­ser essen bin ich durch Indus­trie­hä­fen gera­delt, fas­zi­nie­rend, wie gross alles ist. Bil­li­ar­den Ton­nen an Stahl auf 100 Qua­drat­me­tern.

Hüb­sche Ufer­pro­me­na­den, tol­le Aus­sen­gas­tro­no­mie. Am bes­ten war aber die Bar in einem run­ter­ge­kom­me­nen Vier­tel. Bre­chend voll drin­nen mit kun­ter­bunt gemisch­ten Ein­hei­mi­schen. Sie haben sich gewun­dert, dass ich dort gelan­det bin. Mich zieht so was magisch an 😉

Rück­weg über die Brü­cke … Nicht bes­ser als hin.

Das soll mal rei­chen, den Rest erzäh­len die Bil­der!


der Rest

Sonn­tag ging es noch­mal ans Meer, dies­mal nicht über die Brü­cke, statt­des­sen hab ich die Strän­de süd­lich des Loire-Del­tas abge­klap­pert. Unglaub­lich lee­re Sand­strän­de, sicher­lich dem Wet­ter geschul­det und viel­leicht geht auch lang­sam die Sai­son zu Ende. So gefällt mir das 💕

Mon­tag Mit­tag bin ich nach einem ent­spann­ten Vor­mit­tag gemüt­lich nach Nan­tes zurück­ge­ra­delt. Ohne Navi, ein­fach nach Lust und Lau­ne. Aben­teu­er­li­che Wan­der­we­ge waren dabei, dazu viel Rücken­wind. Ein sehr schö­ner Aus­klang.

Am stadt­nähs­ten Cam­ping­platz (3 km vom Zen­trum oder Bahn­hof ent­fernt) gab es kei­ne Zelt­wie­se und ich muss­te einen Super­lu­xus­scheiss­drecks­stell­platz mie­ten. Die teu­ers­te Cam­ping­nacht mei­nes Lebens (60 Euro)! Gut. Ich hat­te die Wahl, ca. 12 km aus­ser­halb zu näch­ti­gen und habe frei­wil­lig in den sau­ren Apfel gebis­sen.

Die abschliess­ba­re Hüt­te mit Strom, Wäsche­tro­cken­stän­der, Son­nen­lie­gen, Son­nen­schirm, Kühl­schrank … konn­te ich wenigs­tens teil­wei­se sinn­voll nut­zen. Abends hab ich den Bahn­hof erkun­det, kann ja nicht scha­den, sich vor­ab schon ein wenig aus­zu­ken­nen und hab mich dann ins Nan­ter Nacht­le­ben gestürzt.

Nan­tes hat eine gros­se Alt­stadt mit viel Aus­sen­gas­tro­no­mie, Parks, in denen musi­ziert, jon­gliert, rum­ge­le­gen, gejoggt und noch viel mehr wird. Ein klas­se Abend war das 🤩

Diens­tag hab ich noch ein wenig rum­ge­trö­delt und bin nach etli­chen Früh­stü­cken zum Bahn­hof gera­delt. Mit viel Zeit­puf­fer fürs Ver­pa­cken des Rads.

Der Zug hat­te 1 Stun­de Ver­spä­tung. Anschluss in Strass­burg nicht erreich­bar. Ansons­ten per­fekt. Ein kom­for­ta­bler Sitz­platz mit Steck­do­se und Tisch und man merkt gar nicht, dass man mit 300 km/h durch Frank­reich fliegt.

Kurz vor dem Halt in Strass­burg kam eine Durch­sa­ge, dass sich Fahr­gäs­te mit Anschluss Rich­tung Karlsruhe/Stuttgart in Wagen 4 beim Ser­vice­per­so­nal mel­den sol­len.

Die Dame war sehr kom­pe­tent und hat uns eine Alter­na­ti­ve gezeigt. 5 Minu­ten Umstiegs­zeit. Ich sag­te ihr, dass es mit Fahr­rad knapp wird wenn der Fuss­weg nicht all­zu kurz ist. Sie erklär­te uns vor­ab den Fuss­weg. Wir waren ein jun­ges Paar und ein jun­ges Mädel, das frag­te, ob sie sich mir anschlies­sen kann, weil sie nichts ver­stan­den hat. Klar.

Der Fuss­weg war lang, mein Fahr­rad­tra­ge­arm wur­de lang und län­ger. Das jun­ge Paar erfüll­te den Auf­trag, einen Fuss in die Tür zu stel­len, zusätz­lich kam mir der Kerl ent­ge­gen und nahm mir das Rad ab 🙂

Beim nächs­ten Umstieg mit viel Zeit lief ein Schaff­ner mit uns zum sel­ben Gleis und hat mit ange­packt. Es gibt auch rich­tig net­te Bahn­mit­ar­bei­ter 💕

Letzt­end­lich kam ich 2 Stun­den spä­ter in Stutt­gart an. Das Rad hab ich im letz­ten Zug wie­der zusam­men­ge­baut. Ich hat­te kei­ne Lust auf S‑Bahn und bin den Rest heim­ge­ra­delt, Nicht ohne vor­her um kurz vor Mit­ter­nacht noch einen Döner ein­zu­wer­fen 🙂

So begann die Tour mit einem Döner und sie ende­te mit einem Döner. Eine run­de Sache 😃

Ich bin froh, mich spon­tan zu die­ser Tour auf­ge­macht zu haben. 8 anstren­gen­de Rad­fahr-Tage bis ans Meer (1200 km) plus 3 ent­spann­te wun­der­schö­ne Tage am Meer bzw. in Nan­tes und eine halb­wegs gut gelau­fe­ne Heim­fahrt mit der Bahn. Eine tol­le Mischung. Frank­reich hat mir ins­ge­samt sehr gut gefal­len. Vie­le Fran­zo­sen fin­de ich teil­wei­se etwas gewöh­nungs­be­dürf­tig, wenn man aber selbst ein wenig ver­sucht, deren Spra­che zu spre­chen hat man meist gewon­nen.

Dan­ke fürs ver­fol­gen 💕

Punkt.


Tags:

noch kein Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen