Phantastische dreieinhalb Wochen mit dem Mountainbike über die Alpen nach Slowenien und zurück mit den Highlights Grossglockner Hochalpenstrasse, Vrsic-Pass, Soca-Tal, Ljubljana, Bärensattel und noch viel mehr vom 18. Mai bis 10. Juni 2023 …
Prolog
Donnerstag.
Döner in Salzburg. Der Auftakt meiner Slowenien-Tour.
Nach dem Döner ging es weiter mit der Bahn nach Bruck an der Glocknerstrasse. Die Strasse ist seit 3 Tagen für Radfahrer gesperrt. Ich wollte heute Abend an der geschlossenen Mautstelle vorbei die ersten 700 Höhenmeter abknabbern und mich mit dem Zelt in die Pampa schlagen.
Hab mal wieder umdisponiert, ich bin extrem müde, hab eine kurze Nacht hinter mir, ziemlich viel war noch zu erledigen. An solchen Tagen hasse ich es, so ein Aufdenletztendrücker-Typ zu sein.
Selbst die Radfahrt zum Stuttgarter Bahnhof war knapp. Zug erwischt, ab da war der Schalter umgelegt. Entspannung ![]()
Jetzt sitz ich hier am Fuß der Passstraße und werde morgen versuchen, offiziell hochzufahren. Hoffentlich bei guter Sicht.
Erst mal was essen, dann ausschlafen und dann schauen wir mal. Die Campingplatzweicheivariante hat was!
Die Berge sind schon mal in Sicht, dazu seh ich Schnee. Ein guter Start ist das ![]()





Tag 1
Ausschlafen, kleines Frühstück, zusammenpacken, checken, ob die Großglocknerstraße für Radfahrer offen ist. Geschlossen. Drauf geschissen.
Dass es bis zur Mautstelle in Ferleiten schon ordentlich hoch geht hatte ich verdrängt. Die Fahrradspur war akribisch abgesperrt. Ich bin nicht der erste Mensch, der versucht dran vorbeizukommen. Hab das Rad über die Sperre gehoben und wurde prompt zurückgepfiffen.
Keine Gnade, alles zu meiner Sicherheit. “Wird heute auch nimmer geöffnet, oben ist starker Wind und richtig Winter, da bläst es ständig Schnee auf die Straße.”.
Erst mal ein zweites Frühstück. Frustfrühstück. Plan B über Bad Gastein und mit der Bahn durch den Tunnel gefiel mir nicht besonders. Hab mich aber damit abgefunden.
2 Herzen … Herz Sicherheit und Herz Abenteuer. Normalerweise gewinnt IMMER Herz Abenteuer. So einfach kommt man aber nicht an der Mautstelle vorbei.
Herz S: “Plan B! Wenn Du nochmal versuchst, Dich an der Mautstelle vorbeizumogeln gibt es richtig Ärger“
Herz A: “Da hast Du recht.“
Herz S: “Außerdem ist oben alles dicht, null Sicht, Du fährst durch die Wolken, es wird eklig.“
Herz A: “ja, Plan B macht Sinn” …
Hab die Ersatzstrecke geplant, Frühstück bezahlt und mich aufs Rad gesetzt. Immer noch tobten Gedanken im Hirn. Herz A hatte noch nicht aufgegeben. DANKE
Nochmal geschaut, ob es nicht doch ein Schlupfloch gibt. Oha … ein Stückchen einen Weg unterhalb der Straße entlang und dann über einen Zaun, eine Wiese hochschieben, über noch einen Zaun und schon bin ich 200 Meter hinter der Mautstelle auf der Straße, da hör ich kein Zurückgepfeife mehr.
Gedacht — getan. Geil. Nach ca. einer Stunde überholten mich Motorradfahrer. Hey, für die war auch gesperrt. Check der Webseite. Jetzt auch offen für Fahrräder und Motorräder. Wahnsinn. Alles richtig gemacht.
Ich wäre mit gutem Grund traurig gewesen. Es war soooooooooo klasse. Ich war so scharf auf das erste Highlight. Ich hatte so schöne Vorstellungen, dass leichte Enttäuschung fast schon vorprogrammiert war, weil es doch nicht so genial werden könnte ![]()
Es war so wie ich es mir erträumt hatte. Klar, zwischendurch tobte ekelhaft kalter Wind, es war auch mal neblig, es war aber auch so viel Sonne, Schnee, phantastische Blicke und mentales auf und ab dabei, genau diese Mischung machts.
Ich hatte heute nach ca. 1000 Höhenmetern echt zu kämpfen. Dumm, dass es mit Zwischendurchabfahrt am Ende knapp 2000 Höhenmeter waren. Schön, dass es auch mit leeren Beinen geht, tut halt weh. Wenns nicht weh tut ist es zu einfach ![]()
Jetzt hab ich den erstbesten Campingplatz angesteuert. In Heiligenblut. Ich war leer, mir war leicht kalt (trotz fetter Daunenjacke), Erschöpfung eben.
Nach der heißen Dusche ist die Welt aber schon wieder in Ordnung. Jetzt noch den Bauch vollhauen und ab in den Schlafsack.
Das war ein geiler Tag, ich freu mich auf die kommenden Tage, auch wenn die wahrscheinlich nicht so spektakulär werde. Dafür ist Regen angesagt. Das hat doch auch was ![]()
Habe fertig. Fix und.












Tag 2
Die Beine haben sich über Nacht einigermassen erholt, trotzdem stand der Tag im Zeichen der Schonung, der Kalorienzufuhr, des Genusses. Mehr oder weniger Ruhetag.
Schön das Mölltal runterrollen, später noch ein wenig Drautal. Ein paar bissige kurze Anstiege waren auch dabei. Ist halt nicht Holland.
Viele Kindheitserinnerungen. Mit unseren Eltern waren wir Sommer wie Winter in Kärnten im Urlaub. Nicht die schlechteste Wahl
Ragga-Schlucht, Kreuzeck, Goldeck … lauter bekannte Punkte. Dazu der Dialekt, da fühl ich mich doch irgendwie zu Hause.
Etliche Regenschauer, teils gemeiner Gegenwind, tolle Natur, wunderschöne Wege.
Ich dachte, Samstag Abend finde ich in Spittal an der Drau sicher einen geöffneten Supermarkt. Denkste. Dafür hab ich die Ackerbox entdeckt. Das Paradies! Es gab alles, was mein Herz begehrt und falls ich nachher noch spontan Lust auf irgendwas bekomme, was ich nicht eingekauft hab hat das Teil 24/7 geöffnet.
Dazu noch 16°C am Abend im Vergleich zu 7°C gestern Abend in Heiligenblut. Die Tendenz stimmt ![]()
Ihr könnt es Euch bestimmt denken, ich bin glücklich. Das geht nämlich ganz einfach ![]()













Tag 3
Los ging der Tag mit Frühstück an einem überdachten Tisch. Welch Luxus
Vor allem gestern Abend war das ein Genuss, da hat es nämlich noch geregnet.
Erst mal gemütlich die Drau runterrollen bis Villach. Sonne. Wärme. Okay, wollte ich jammern würde ich wegen Gegenwind jammern. Will ich aber nicht.
Nach dem Mittagessen ging es dann zur Sache. Über den Wurzenpass nach Slowenien. Auch den bin ich 1983 schon mal gefahren/geschoben. Ich hatte in Erinnerung, dass er kurz ist und ein relativ kurzes extrem steiles Stück drin hat.
Heute weiss ich, dass er zwar kurz aber der grösste Teil sehr sehr steil ist. Radwandern war angesagt. Wandern wollte ich ja sowieso. Unheimlich viel Gegenverkehr, es roch nach Gummi, Kupplung, heissen Bremsen. Ansonsten ist der Wurzenpass sehr unspektakulär, keine tollen Ausblicke. Einfach nur ein kurzer praktischer Übergang nach Slowenien.
An dieser Stelle möchte ich auch mal erwähnen, daß alle, aber auch wirklich alle Autofahrer bisher sehr rücksichtsvoll waren, auch die Ferrari-Fahrer am Großglockner. Auch heute am Wurzenpass sind sie an kritischen Stellen mit 4 km/h hinter mir hergezuckelt und haben teils noch freundlich gewunken. Die Welt ist manchmal besser als sie beim Lesen von allem möglichen erscheint ![]()
Jetzt bin ich also in Slowenien, schöne Berge sind zu sehen, erster Eindruck … alles bisschen verratzter als in Kärnten. Das gefällt mir ![]()
Die Abfahrt nach Kranjska Gora war rasant, kurz und schmerzlos. Jetzt bin ich auf einem liebevoll gemachten Bio-Öko-Naturcamping gelandet. Er ist noch geschlossen, man darf aber campen. Es gibt kaltes Wasser, Toiletten usw. … alles kostenlos, der Schwabe sagt … passt … und duscht kalt oder gar nicht ![]()
Wärmer ist es geworden. Kurze Hose, T‑Shirt. Zwei oder drei Regenschauer, da will ich nicht meckern.
Morgen ist Montag, da muss ich arbeiten. Ich werde mich den Vrsic-Pass hocharbeiten, bin sehr gespannt.



















Tag 4
Der Vrsic-Pass stand heute an. Nicht mehr und nicht weniger. Eine kurze Etappe, da konnte ich morgens erst mal gepflegt rumtrödeln.
Kaffee auf dem Campingplatz und nach 2 Kilometern Supermarkt-Frühstück in Kranjska-Gora. Das ist ein richtig hübsches Städtchen vor einer tollen Bergkulisse. Hier könnte ich auch zwei oder drei Tage lang rumgammeln und den ganzen Tag frühstücken, okay, vielleicht zwischendurch Mittagessen ![]()
Der Pass glänzt mit Fahrbarkeit. Immer wieder steil aber machbar. Dazu wunderschön aber sehr gefährlich. Nach fast jeder Kehre fällst Du vor lauter “oooohhhh”, “wow”, “herrlich” fast vom Rad. Ich jedenfalls. Recht wenig Verkehr. Ca. 25 Kehren hoch und eine der schönsten Abfahrten über ca. 25 Kehren runter.
Auf der Hälfte des Anstiegs ein Restaurant. Daran und an dem Hirschgulasch bin ich nicht vorbeigekommen. Genuss-Kalorien. Da steh ich drauf. Ist ja nichts neues. Ich hab mal gelesen, das Rad sei dazu da um von essen zu essen zu fahren. Da ist was dran! ![]()
Die Abfahrt führte mich ins weltberühmte Soca-Tal. Ja, das ist so wunderbar wie erträumt. Ein leichtes Gewitter hat mich gestreift. Fette Regentropfen bei Sonnenschein. Herrlich erfrischend.
Der vorab ausgekuckte Campingplatz erweist sich als sehr sehr schnuckelig. Überdachte Aussenküche, Super gepflegte Badezimmer mit Dusche, WC und Waschbecken, Hübscher als bei mir zu Hause
Da flutscht der Hirsch oder das Zeug von gestern. Wahrscheinlich wollt ihr das nicht so genau wissen ![]()
Die Beine sind nach den eher gemütlichen Etappen immer noch nicht so richtig fit. Wahrscheinlich bleib ich morgen hier und geh ein bisschen wandern, lass die Seele baumeln. Als nächstes steht nämlich der Mangart-Sattel an, eine (für meine Verhältnisse) richtig lange Bergetappe. Da hab ich Stand heute morgen keinen Bock drauf.
Tschuldigung, dass es jeden Tag so toll ist, ich kann fast nichts dafür ![]()

















Tag 5
Nach dem Frühstück und Schwätzle hier, Schwätzle da war Wäsche waschen dran. 90% Regenwahrscheinlichkeit. Ich nehm die 10%, ich Glückspilz. Oder Optimist. Ab auf die Wäscheleine mit dem nassen Zeug.
Kleine Wanderung. Beine schonen. Das kleine Städtchen Bovec ist 15 km weit weg. Mist, da will ich hin. Ausgeschont.
Das Soca-Tal ist phantastisch, vor allem bei Sonne. Viele kleine Details. Kajakfahrer, die sichtlich Spaß hatten. Mal rauschte die Soca links und rechts zwitscherten die Vögel, mal umgekehrt.
Es grollte um mich rum. 1 km vor Bovec der erste Schauer. Regenjacke angezogen, zum Regenhose anziehen war ich zu faul. Nass bis auf die Unterhose nach 5 Minuten. Clever.
Die Klamotten auf der Leine. Genauso clever.
In Bovec trägt der eine sein Motorrad in den ersten Stock, der andere mauert seine Garage zu, damit das Auto nicht geklaut wird. Hoffentlich steht mein Fahrrad nachher noch da. Ich nehms vorweg, es stand noch da.
Einkaufen, Essen, Heimweg. Ich wollte vielleicht den Bus nehmen. Schonung, ihr wisst schon …
Es gewitterte die ganze Zeit, mal mehr, mal weniger Regen. Lieber durch den Regen wandern als bei Regen dumm am Campingplatz rumsitzen.
Der Rückweg war trüb, die Soca hatte ihren Glanz verloren. Trotzdem coole Stimmungen. Kurz vor der Dunkelheit war ich zurück, erst mal am trockenen Tisch Platz genommen, mit zwei Holländern gequatscht und Tee getrunken, Dusche. Fertig.
Morgen soll es viel regnen, da macht der Mangartsattel keinen Sinn. Vielleicht mach ich wirklich Ruhetag. Oder ich roll das Soca-Tal runter. Oder oder.
Wollt ihr weitere clevere Insider-Tipps? Dann lest auch morgen wieder Tagebuch ![]()



















Tag 6
In gut 20 Jahren komm ich wahrscheinlich in das Alter, wo ich nimmer aus dem Vollen schöpfen kann. Darauf möchte ich vorbereitet sein. Ruhetage muss ich üben. Gestern hab ich kläglich versagt.
Heute der nächste Versuch. Ein voller Erfolg ![]()
Tolle Gesellschaft beim Frühstück. Hier treiben sich klasse Menschen mit interessanten Geschichten rum, Weltenbummler, Studenten, Abenteurer. Schöner Austausch. Da blieb ich doch gern noch einen Tag ![]()
Mittags kam die Sonne raus, Zeit für einen Spaziergang die Soca hoch. Hab ich schon geschrieben, dass das hier eine phantastische Gegend ist? Kristallklares Wasser, an allen Ecken und Enden blüht und grünt es.
Ein Stündchen Mittagsschlaf am Fluss, Abendessen mit ein paar coolen Reisenden in einem einfachen schnuckeligen Bauernhof-Restaurant. Zur Auswahl standen zwei Gerichte (Mittwoch ist Ruhetag, die handhaben Ruhetage glücklicherweise ähnlich wie ich), Gulasch und Gulasch vegetarisch, beides mit Polenta. Sehr übersichtlich und für jeden was dabei
Lecker, reichlich und günstig, da lacht das Herz.
Morgen kauf ich vor der Abfahrt noch selbstgemachten Schafskäse. Ich bin mal wieder im Paradies gelandet.
Vom Mangart-Sattel hab ich mich gedanklich verabschiedet, Soca-Tal, Wasserfälle, Koberit und eine angeblich sensationelle Schlucht rufen. Den Rufen werde ich folgen.
Ich freu mich drauf!













Tag 7
Wenn man eine Weile nimmer radgefahren ist sollte man es langsam angehen lassen. Dann mach ich das halt mal.
Beim Frühstück hab ich mich mal wieder verquatscht, so ging es erst um 11 Uhr los. Sommerliche Temperaturen und Sonnenschein ![]()
Nach ein paar Kilometern erst mal einen Cappuccino, der Frühstückskaffee war ja schon rausgepinkelt. Oder rausgeschwitzt. Kurz vor Bovec zweigt die Strasse Richtung Mangartsattel ab. Es tobten innere Kämpfe. Zum Glück war es schon so spät und ich fuhr weiter das Soca-Tal runter.
Zwischendurch zwei kleine Wanderungen zu zwei Wasserfällen und verspäteter Mittagsschlaf ![]()
Nachmittags gab es slowenischen Döner Italiano in Kobarid, schliesslich ist heute Donnerstag
Weiter nach Tolmin und noch ein Stückchen weiter zum heutigen Campingplatz.
Die Landschaft ist sanfter geworden, ab und zu nochmal ein Blick auf schroffe, schneebedeckte Berge, ansonsten erinnert mich das ans Allgäu. Schnuckelige Dörfer, Kirchen, Kühe. Und wieder Blumen, wo man auch hinschaut.
Hier ist gar nichts los, ausser mir ein Pärchen und zwei junge Damen. Da werde ich für die heisse Dusche nicht Schlange stehen müssen.
Tolmin scheint ein hübsches Städtchen zu sein, das werde ich mir morgen mal genauer anschauen, so wie die Schlucht, auf die bin ich sehr gespannt.





















Tag 8
Slowenien animiert zur Lotterlebensführung. Da bin ich doch gern dabei ![]()
Nach dem Schafskäse-Frühstück (leckerleckereramleckersten) war wieder Wäsche dran. Wieder war Regen vorhergesagt. Rein statistisch gesehen steigt die Chance bei jedem Wäscheleinenfehlversuch, mal die 10% Regenunwahrscheinlichkeit zu erwischen. Daher landete die Wäsche wieder auf der Leine ![]()
Los zur Tolmin-Schlucht. Oder auch Tolminska Korita. Da zahlt man Eintritt. Junger Mann an der Kasse …
“One ticket please”
“normal one?”
“no, crazy one … okay … what kind of unnormal tickets do you have?”
“senior”
”*räusper … how old should I be to get a senior-ticket?”
“when you don’t work anymore you are a senior”
“fine, I didn’t work at all the last 8 days”
“great! Here’s your senior-ticket
”
Nichtsenioren hinter mir schmunzelten. Ich schmunzelte. Das kann ja lustig werden in den nächsten Jahren ![]()
Die Schlucht ist wunderschön. Als Türkis-Fan kam ich mal wieder voll auf meine Kosten. Prädikat höchst empfehlenswert ![]()
Immer noch Sonne, es sollte schon längst regnen …
Bisschen das Städtchen Tolmin angeschaut. Nett, ich stelle aber wieder mal fest, dass mich Städtchen nicht so sehr interessieren. Gut. Ab und zu ein Restaurant oder ein Laden, am liebsten kleine Läden mit selbsthergestellten Leckereien.
Beim Essen bestellen dachte ich, hoffentlich kommt so schnell niemand auf die Idee, mir Seniorenteller servieren zu wollen. Die heutige Portion war aber wieder weit davon entfernt ![]()
5 Minuten, bevor ich zurück am Campingplatz war fing es an zu regnen. Die Wäsche konnte ich fast trocken retten. Geht doch!
Auch dieser Campingplatz hat was. Total einfach aber wieder mit überdachter Aussenküche. Heute morgen kamen die Besitzer vorbei, total entspanntes Vater/Sohn-Gespann. Die bereiten sich und den Campingplatz langsam auf die Saison vor.
Ich muss mich auf die nächsten Tage vorbereiten. Bis jetzt hab ich keinen Plan. Das werde ich heute Abend ändern. Morgen gehts auf jeden Fall irgendwohin weiter.
Ich kann mir gut vorstellen, dass das klasse werden wird ![]()



















Tag 9
Ich hab beschlossen, in der Triglav-Gegend zu bleiben, bei dem Rumgetrödle werde ich nicht ganz Slowenien kennenlernen können
Das funktioniert in 3 oder 4 Wochen so oder so nicht.
So ging es wehmütig weg von der Soca das Baca-Tal hinauf. Zuerst auf einer grösseren Strasse mit recht viel Verkehr. Pfingstwochenende, es füllt sich. Dann aber ein hübsches kleines Strässchen parallel zur Bahnlinie, die am Ende durch einen Tunnel nach Bohinj führt. Der See dort ist mein Ziel. Fahrrad in den Zug und ab durch den Tunnel wurde mir geraten.
Mein Tunnelbike hab ich zu Hause gelassen und mich bewusst für das Mountainbike entschieden. Daher geht es natürlich über den Berg. Nach 100 Höhenmetern lachte mich mal wieder ein Restaurant an. Es war schon spät weil ich den ganzen Vormittag vertrödelt hatte.
15:30 Uhr Mittagessen, gutes Timing, da kann ich doch mal nebenher das Bundesliga-Finale verfolgen. Okay. Erste Halbzeit hat mir gereicht. Das muss ich mir nicht geben. Da jag ich meinen Puls lieber auf den restlichen 800 Höhenmetern in die Höhe ![]()
Durchschnittlich 10% Steigung. Die Beine waren topfit. Die ruhigen Tage haben ihnen gut getan. Oben auf dem Pass ein Campingplatz. Cool. Hier bleib ich. Auch ohne Seniorenrabatt.
Morgen gibts wahrscheinlich einen Wandertag, von hier aus bietet sich der ein oder andere Gipfel an. Nicht mehr an der Soca zu sein ist gar nicht so schlimm, die Berge hier gefallen mir saugut ![]()















Tag 10
Der Campingplatz hat mich nicht so arg überzeugt. Ein Stück Wiese zwischen Hotel und Wald. Egal, auch auf einem Stück Wiese zwischen Hotel und Wald schlafe ich hervorragend.
Mir wurde gestern das Hotel-Frühstück ans Herz gelegt. Da sag ich nicht nein. Hammer! Rührei, Spiegelei, gebratener Speck, Würstchen, Brot, slowenische Wurst, Käse, Honig, selbstgemachte Marmelade, Müslivariationen, Joghurt, Obst. Gebratenes Gemüse, Knödel und noch viel mehr … dazu eine Koffein-Flatrate + Saft-Flatrate
Wenn jetzt jemand denkt, besser gehts nicht komm ich mit einem Verbesserungsvorschlag ums Eck. Ich würde gern wandern gehen und danach weiterfrühstücken ![]()
Okay, Bauch voll, Rucksack bleibt leer. Eine moderate Bergwanderung steht an. Sooooooo schöööööön
Der Sessellift ist noch nicht in die Sommersaison gestartet, dadurch war oben fast nichts los.
Eine Tour von Gipfelchen über Gipfelchen und noch ein Gipfelchen auf ein Gipfelchen. Panorama Panorama Panorama. Blumen Blumen Blumen. Tolle Jahreszeit!
Zwei, drei schlecht gelaunte Frauen, die ihren Männern hinterherstapfen. Erinnerungen. Mit meiner Exfrau war das anders. Sie war topfit, sie war immer sehr glücklich, wenn sie mich den Berg hoch abgehängt hat. Ich war glücklich weil sie glücklich war. Da das Leben nicht nur aus IchHängDenHolleDenBergHochAb-Glück besteht bin ich heute allein unterwegs. Glücklich bin ich trotzdem, halt anders ![]()
Ich schweife ab … Zeit für Cappuccino und eine slowenische Süssspeisenspezialität, die mir die Bedienung aufgedrängt, nein, wärmstens empfohlen hat. Noch mehr Glücklichkeit ![]()
800 Höhenmeter Abfahrt standen an. Steil, kurvig, geil. Defensiv mit Dauergrinsen im Gesicht runtergeheizt. WOW WOW WOW ![]()
Im Tal wieder klares Wasser, unendlich viele unendlich grosse Wildblumenfelder, idyllische Dörfchen, Blick auf die Berge aus dem Erdgeschoss … 10 km einen Fluß hoch zum Bohinj-See. Kulturschock, da ist es zuuuuu schön, da ist die Hölle los.
Der Campingplatz ist am anderen Ende des Sees, da ist es ruhiger, nur nicht auf dem Campingplatz selbst. In der Saison möchte ich definitiv nicht hier sein.
Jetzt passt es aber. Hier hab ich wahrscheinlich viele Möglichkeiten. Heute Abend wird ein Plan für morgen geschmiedet. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der allzu übel werden wird ![]()
































Tag 11
Der Faulpelz und der Stresser in mir sind gute Freunde geworden ![]()
Faulpelz … “mach Du heute Programm“
Stresser … “kann mich nicht entscheiden, so viele Berge um uns rum“
Faulpelz … “okay, lass uns um den See spazieren, ist bestimmt schön“
Stresser … “gut, eine Runde ins kalte Wasser muss aber drin sein“
Faulpelz … “Deal”
Was soll ich sagen … um den See zu spazieren klingt jetzt nicht nach Highlight. Es muss aber auch nicht jeder Tag mit Highlights gespickt sein.
Ich bin gerade in einem Rhythmus der mir gut gefällt. Keine Höchstleistungen. Bewegen. Genießen. Staunen. Freuen.
Die Seerunde war klasse
Ein schöner Wanderweg am Nordufer entlang. Mal wieder türkisfarbiges Wasser, Blumen ohne Ende und schöne Blicke in die Berge.
Der Rückweg am Südufer verläuft direkt neben der Straße, die ich gestern geradelt bin. Ohne mich!
Ich tauche etwas abseits in den Wald ein. Da ist sie wieder. Die Stille, die ich so sehr mag. In den eineinhalb Stunden im Wald hab ich keinen Menschen getroffen, wo hier am See doch ansonsten recht viel los ist.
Ach ja, das Wasser war saukalt, die Schwimmeinlage dementsprechend kurz
Kurz war auch der Tag. Frühstücken, kleine Wanderung mit verweilen hier, verweilen da, Mittagessen und schon ist er fast rum. Der Tag.
Ljubljana liegt in Reichweite. Ca. 100 Fahrradkilometer. Auf dem Weg dorthin läge der Bleder See. Hier lesen ja inzwischen einige Slowenien-Checker mit. Sollte ich Ljubljana mal gesehen haben wenn ich eh schon in der Nähe bin?!?




















Tag 12
Früh aufgewacht. Der See in neuem Licht ![]()
Zeug gepackt, kleines Frühstück, ab Richtung Ljubljana.
Ich hatte wenig Erwartungen an die Strecke. Erstmal nach Bled. Teils wunderschöne Radwege aber auch mal ätzend 12 km auf einer recht viel befahrenen Straße. Bisschen auf und ab, mehr ab.
Durch Bled bin ich einfach schnell durchgefahren. Zwei drei Fotos und tschüss. Da komm ich wahrscheinlich nochmal vorbei. Heute hat es mich nicht gereizt.
Danach führte mich meine Route leicht abseits der Hauptradrouten. Klitzekleine Sträßchen, die wahrscheinlich noch nie einen Touristen gesehen haben. Kleine Weiler, hier ist die Zeit stehengeblieben. Ein paar richtig fiese steile kurze Anstiege, mal 50 Höhenmeter, mal 150. Nichts, mit dem ich angeben könnte. Alles wieder unglaublich idyllisch, kitschig, abwechslungsreich, wunderschön. Mir fehlen die Worte. Damit hatte ich heute nicht gerechnet
18 Uhr. Hungerast. Ich hatte heute wenig gegessen. Ich war auf einem zähen Stück. Lange gerade Strassen mit ordentlich Gegenwind. Stop an einer Bar. Die hatten nur Toast. Mit Schinken und Käse. Egal, ich hab Bärenhunger. “Two Toasts?” … “No, four please
”
Die letzten 20 km gingen danach gut. Teils durch hässliche Ljubljana-Randbezirke, teils interessante Architektur, teils neben der Autobahn, teils durch hübsche Grünanlagen. Nicht alles schön, sagen wir mal, eher potthässlich aber total kurzweilig ![]()
Den ersten Campingplatz hab ich ignoriert, die Infos haben mir gar nicht gefallen. Gute Idee. Der Platz 5 km weiter hat mich sofort überzeugt. Fast nicht zu finden, wenn man aber mal da ist ist sofort klar, dass sich die Suche gelohnt hat
Total einfach, grün gelegen, supersympathischer Betreiber. Wir haben erst mal eine gute Stunde lang geschwätzt. Über Gott und die Welt. Ich musste mich losreissen um das Zelt noch im Hellen aufzubauen.
Ich bin sehr gespannt auf morgen, unterwegs wurde mir auch von ein paar Slowenen bzw. Sloweninnen Ljubljana unglaublich schmackhaft gemacht. Allein der Weg hierher war schon einen Besuch wert.
























Tag 13
Ich steh irgendwann auf, es regnet. Wäsche waschen, einer jungen Britin beim packen Ihres Rads zuschauen, sie ist auf dem Weg nach Griechenland, Hut ab! Bisschen nicht unbedingt erfolderliche Remote-Arbeit weil zufriedene Kunden die besten Kunden sind.
Mittags hört es auf zu regnen. Ich mach mich auf den Weg in die Stadt. Ljubljana. Fast ohne Gepäck. Zwei drei Kilo Basics bleiben dran damit ich nicht abhebe. Mann, fährt sich das leicht. Ein Hochgenuss ![]()
Es ist ein bisschen wie nach Stuttgart reinfahren. Nur flach und auf Radwegen. Das ist cool. In der erstbesten Gasse der Fussgängerzone ein Café, es ertönt Bob Marley, mich grinst ein dazu passender Typ an. Der Chef. Ich bleib hängen, auf zwei Cappuccino. Zwei Stunden lang. Beobachte Menschen. Gegenüber ein Laden, in dem eine Frau Regenschirme verkauft. Kein Mensch will einen Regenschirm kaufen. Als auch noch die Sonne rauskam machte sie den Laden zu.
Der Chef, Jayden aus Puerto Rico lässt Bob Marley rauf und runterlaufen. Ich hab die Schwingung in der ersten Sekunde aufgenommen. Wir gucken uns an und grinsen. Wir müssen kein Wort reden. Wir sind auf der selben Welle unterwegs. Wir reden trotzdem viele Worte, schliesslich möchte ich ja wissen, wo er herkommt usw.
Er könnte auch völlig authentisch im Cannabis-Laden ein paar Ecken weiter arbeiten ![]()
Radfahrer und eScooter rollen durch die Fussgängerzone. Kein Problem. Mach das mal in Stuttgart auf der Königstrasse. Da wirst Du entweder verhaftet oder von irgendeinem Typen dümmst angemacht. Isch ja au verboddä in Schduagert. Warum klappt das hier? Wollen sich die Menschen weniger aufregen? Ich glaube schon.
Ich könnte den ganzen Tag cappuccinotrinkend sitzenbleiben. Die Burg wartet. Ich spazier erst mal kreuz und quer durch die nicht allzukleine Altstadt. Viele geschichtsträchtige Bauwerke, wunderschön angelegte Promenaden. Läden ohne China-Touri-Massenware. Klasse. Ich bin begeistert. Von einer Stadt.
Ich fasse mich mal kürzer, ihr wollt ja auch irgendwann ins Bett. Burgbesichtigung, toll. Museen für die mir die Zeit und Muße fehlte, Auf einer Treppe zu einer Aussichtsplattform eine japanische Reisegruppe vor mir. Stau. Oben eine Selfie-Orgie. Ich kann da zum Glück nicht mitmachen weil mein Gesicht meinen Ansprüchen an ein gutes Foto nicht genügt. Spaß.
Abendessen, zu guter Letzt auf dem Rückweg zum Campingplatz noch in ein Mega-Shopping-Center. Ich brauchte einen Optiker. Danach schnell wieder raus.
Zurück. Fertig. Ich danke allen, die mir geraten haben, Ljubljana zu besuchen
Ich könnte noch einen Tag hier bleiben. Mal sehen wie ich das morgen früh sehe ![]()



























Tag 14
Ich wache vor dem Wecker auf. Die Entscheidung fällt sofort. Zusammenpacken, frühstücken, Abfahrt Richtung Bled.
12 km durch den Speckgürtel von Ljubljana. Wie gehabt, nicht immer schön. Heute wollte ich dem West-Loop folgen. Eine Mountainbikerunde durch Teile Sloweniens.
2000 Höhenmeter bis Bled. Das kann ja heiter werden. Es ging sofort zur Sache. Steilste Anstiege, Trails, ziemlich viel für mich nicht fahrbarer Anteil. Weder bergauf noch bergab. Ab und zu ein Stück spaßig fahrbarer Trail. Für 20 km brauchte ich unterm Strich 4 Stunden. Da waren nur 500 Höhenmeter drin. Aber was für welche.
Zwischenziel Skofja Loka. Ich brauchte dringend ein Restaurant mit Dönerersatzgenussmitteln. Schliesslich ist heute Donnerstag. Mein Körper schrie nach Kalorien. Gefunden. Leckerer Njamburger usw. Das volle Programm. Ich war fertig, mir waren mehrfach die Oberschenkel geplatzt.
Umplanung. Bis Bled schaffe ich es heute nimmer. Weg vom West-Loop. Bis zum nächsten Campingplatz 34 km mit 900 Höhenmetern. Au Weia. Nix Bob Marley. Eher Blood Sweat & Tears, spinning wheel.
Erst mal 12 km sanft ein Flusstal hoch auf einer ätzenden Straße. Nach 10 km seh ich rechts am Hang eine Holzlagerhütte. Ich schau sie mir an. Ein perfekter Platz für die Nacht. Ich hab keinen Bock mehr. Mich jagt ja niemand.
18 Uhr … was mach ich hier bis es dunkel wird? Die Strasse ist laut. Der Schweiss klebt. Ich hab Bock auf eine heisse Dusche. Bin unentspannt. Kann in dem Zustand den Moment und diesen wunderbaren Schlafplatz nicht genießen. Kann mich mit der schlechten Laune nicht anfreunden. Soll nicht ansatzweise erfüllt. Eigentlich Quatsch aber ich komm da nicht raus.
Die Beine sind noch oder wieder okay. Es ist der Kopf, der streikt.
Reset. Abends lauf ich doch gern zu Hochform auf. Zwei bis drei Stunden noch, ganz entspannt. Weiter gings. Nach den restlichen 2 km ätzender Strasse rechts ab, eins dieser Ministrässchen mit 10 bis 15% Steigung, ohne Verkehr. Ich komm in einen Rhythmus. Es läuft wieder. Langsam eben. Es ist wunderschön.
Kirchen, Blumen, Berge, den ganzen Tag schon. Ohne Ende. Wunderbar. Am Schluss wieder eine der geilsten Abfahrten mit unzähligen Serpentinen. Da ist es wieder. Das Grinsen. Im Herz und im Gesicht. Überall. Es geht so einfach und doch manchmal so schwer ![]()
Da ist er, der Campingplatz. Da ist sie, die Zufriedenheit. Hart erkämpft. Trotzdem auch genossen. Ende gut, alles gut ![]()
























Tag 15
Gestern brannte ein Lagerfeuer, bis tief in die Nacht rein sassen ein paar Gäste dort rum, z.B. Rafael, ein brasilianischer Weltenbummler, der den Sommer in Slowenien verbringen möchte. Viele Geschichten. Es wurde spät ![]()
Ich war wieder vor dem Wecker wach, bin früh aufgestanden. Plan machen fiel mir schwer. Frühstück, Kaffee, Plan A, B, C …
Ich rasiere mich. Das erste mal seit über zwei Wochen. Das dauert ewig. Mich schaut ein Typ aus dem Spiegel an. Der kommt mir bekannt vor
Das Experiment weisser Bart ist irgendwie gescheitert.
Zweites kleines Frühstück in der Chillzone. Die ganzen Eindrücke der letzten Tage müssen sacken. Ich brauch heute Auszeit. Plan A gestrichen, Plan B gestrichen, Plan C gestrichen. Ich werde 12 km an den Bleder See radeln und der Ecke eine Chance geben.
12 km, da kann man zwischendurch schon mal auf eine hausgemachte Limonade bei tollem Ambiente hängen bleiben. Oder zwei.
Herrliches Wetter, es ist richtig warm, die Sonne scheint. Vom Himmel und aus dem Herzen ![]()
Ich bin früh am Campingplatz. Werde von einem beunruhigenden Schild empfangen, der Campingplatz sei ausgebucht. Wo ich mich doch gerade mit dem See angefreundet hatte. Fragen kostet nichts. Für Radfahrer gibt es auf der Zeltwiese noch Platz.
Ich rolle gefühlt einen Kilometer bis zur Zeltwiese, frage mich, ob es wohl Radschnellwege zur Toilette gibt. Baue mein Zelt auf, setz mich in den Schatten. Es ist recht leer auf der Zeltwiese.
Nach und nach trudeln Radreisende ein. Mal wieder interessant, deren Routinen zu beobachten. Viel will ich dabei gar nicht lernen, meine Routine passt für mich.
Ab an den See, schwimmen. Hier schwimmen viele. Das Wasser ist recht angenehm. Ich schätze, 5 Grad wärmer als im letzten See. Ein Gewitter zieht auf, Es leert sich. Zeit für einen Cappuccino unter einem grossen Schirm mit Seeblick ![]()
Ab ins Zelt, später Mittagsschlaf. Jetzt hab ich mich in Schale geworfen. Frisch gewaschene kurze Hose, frisch gewaschenes Merino-Shirt, frisch gewaschene Socken, frisch gewaschenes OMM-Shirt. Damit werde ich mich ins Nachtleben stürzen. In Bled auf der anderen Seite des Sees ![]()
Nicht viel passiert heute und doch war das ein guter Tag. Fertig.

















Tag 16
7 Uhr. Der Wecker klingelt. Es regnet. 8 Uhr. Es regnet. 9 Uhr. Es regnet. 10 Uhr. Es regnet nicht.
Ich verzichte auf selbstgemachten Kaffee, packe in Rekordzeit mein Zelt und den Kram ans Rad und starte. Richtung Kaffee. Nicht am See, da ist er doppelt so teuer wie sonstwo in Slowenien. 2 km weiter trinke ich lieber doppelt so viel Kaffee. Schwabe halt.
Im Halbschlaf hatte ich Ideen gesammelt. Ans Meer bei Triest. Oder über Kärnten, Osttirol, Südtirol, Timmelsjoch Richtung Heimat …
Bei doppelt so viel Kaffee hab ich Zeit für einen Plan. Den brauch ich dringend. Erst mal das Radovna-Tal hoch, das ist klar.
Wetterprognosen sehen hier und in erreichbaren Gegenden für die nächsten Tage nicht so gut aus. Es ist 10 Grad kälter geworden. Wechselhaftes Wetter mit Regen und Gewittern. Osttirol und Südtirol sind raus. Zu weit, ich käme in Zeitstress. Meer ist auch raus. Dort hätte ich gern Sonne und 30°C, wie sich das eben so gehört, im Süden am Meer. Nein. Mich reizt der Weg dorthin nicht ![]()
Über die Karawanken Richtung Klagenfurt klingt gut. “mapy cz”, meine Schnellplanungsapp zeigt eine Route mit 55 km an. Was? So nah? Okay … steilster Wanderweg, eine garstige “Arschlochetappe”, übler als das krasse Stückchen West Loop vorgestern könnte das werden. Man weiß es nicht. Ich hab Bock drauf. Ich hab wieder Kapazitäten frei für Abenteuer, Qualen, Freuden ![]()
Erst mal den Umweg übers Radovna-Tal. Es rollt leicht bergauf mühelos. Es macht Spass, es ist wieder herrlich. So ein wunderbares Tal! Lieblich. Saftig grün. Tiefhängende Wolken, ab und zu Regen. Ein Gasthaus mit ehrlichen frisch zubereiteten Speisen. Ganz anders als gestern die Touristen-Massenware am Bleder See, auf die ich auf Kosten meiner Schafskäse-Reste verzichtet hab. Jetzt und hier. Einer der besten Schweinebraten, die ich je gegessen hab. Omas Schoko-Nuss-Kuchen, ein Traum ![]()
Am Ende des Radovna-Tals ein Schild, 18%. Harmlose 18% oder ich bin heute gut drauf. Ich halte es für möglich. Belohnt werd ich mit einer Abfahrt ins Save-Tal. Ich biege ab Richtung Jesenice. Den Kreis um den Triglav hab ich fast geschlossen, ich muss ihn nicht schliessen und kann Kranjska-Gora links liegen lassen.
Kurz hinter Jesenice erreiche ich meinen heutigen Campingplatz. Die Sonne kommt raus, ein schöner Abend nach einem runden Tag ![]()
Schön, wieder einen Plan zu haben, es glitt langsam Richtung sinnlose Rumgammelei. Was ja auch schön ist. Aber … ![]()













Tag 17
Selbe Taktik wie gestern, aufstehen, schnell packen, früh los. Ab Mittag war Regen und Gewitter angesagt, das muss ich mir oben in den Karawanken ja nicht unbedingt antun. Soweit die Idee dahinter.
Schneller Kaffee in einer Bar, da gab es aber leider nichts zu essen. Weiter. Ah, ein Bäcker … schnell über die Strasse … gegenüber kassiert ein Polizist einen Wasweissichsünder ab, Rennt zu mir. Will 120 Euro. Durchgezogene Linie überfahren. Ist sehr gefährlich! Sagt er. Morgens um 8 Uhr. Nix los auf der Straße! Ich bin völlig perplex. Ich überleg kurz, ob ich 200 Euro aus meiner Bargeld Notreserve opfere, ihm den Rest schenke und mich bedanke, dass er so ein netter Kerl ist. Nein. Das täte weh. Ich täusche Einsicht vor. Heule ein wenig rum wegen der 120 Euro und am Ende belässt er es bei einer Verwarnung. Der Puls war jedenfalls schon mal auf 200.
Beim Bäcker hab ich 6 süsse Kalorienbomben gekauft, dazu Cola und Joghurt. Zwei Tafeln Schokolade waren noch im Rucksack, ich rechnete heute damit, dass ich stimmungsaufhellende Mittel wahrscheinlich gebrauchen kann.
Es ging in den Berg. Typisches slowenisches asphaltiertes Sträßchen mit satten Prozenten. Dann begann der Wanderweg. 2,x Kilometer, 700+ Höhenmeter. Klingt steil, war noch viel steiler. Hab verschiedene Techniken entwickelt, das Rad hochzuwuchten. Bin froh, vor ein paar Monaten mit Rudertraining begonnen zu haben.
Ich mach es kurz. Es war die Hölle. An der physischen Grenze. Mental war ich einigermassen gut vorbereitet, hab Ruhe bewahrt und versucht, die schönen Sachen am Weg wahrzunehmen. Wenn 4 Versuche, das Rad einen Absatz hochzuwuchten scheiterten, klappte es halt beim fünften mal. Die langsamsten und härtesten paar Kilometer meines Lebens waren das. Glaub ich jedenfalls.
Geräusche hinter mir. Aha. Eine Schnecke will überholen. Ich mach Platz und grüsse freundlich. Raser will ich nicht aufhalten ![]()
Stundenlang kämpfe ich mich durch den Wald hoch. Es regnet leicht. Ich hab ein bisschen Angst vor den angesagten Gewittern. Die Bäume lichten sich, der Himmel macht ein wenig auf, Felsen und Berge zeigen sich. Genau für solche Momente bin ich hier.
Blödsinn, Schwachsinn, ein Trauerspiel aber geil, diesen Weg gewählt zu haben. Irgendwann bin ich oben. Unspektkulär verabschiedet sich Slowenien, unspektakulär begrüsst mich Österreich. Kein Duty-Free-Shop, kein Schild. Grenzsteine gäbe es bestimmt. Ich will keinen suchen.
Bergab ist ähnlich besch.…. wie bergauf. Geröllhalde runter, schmale, steile, verwurzelte oder verblockte Wege. Knapp senkrecht. Ich hab Probleme, das Rad kontrolliert runterzubekommen. Hab ich schon geschrieben, dass die Idee bescheuert war? Das hat so wenig mit Radfahren zu tun wie ein lauter Furz mit gutem Benehmen.
Ich rechne mit ganz gemeinem Ganzkörpermuskelkater.
Egal, irgendwann bin ich auf der Bärentalstrasse. Ich darf noch einige 100 Höhenmeter auf Asphalt töten. Am Ende spucken mich die Berge in Feistritz im Rosental wieder aus.
Ich bin fertig, vollkommen erschöpft, leer, zerstört! Zelt steht. Dusche wartet. Bin noch unentschlossen, ob ich den Tag toll finden soll. Spass. Hinterher wars mal wieder ein krasser geiler Scheiss, den ich halt ab und zu brauche ![]()
Heute finde ich auf die Schnelle keine Worte, die dem Tag auch nur annähernd gerecht werden. Die Emotionen kochen über.
Bitte nicht nachmachen!






























Tag 18
Ich wache auf. Es regnet stark. Toilette … weiterschlafen … es regnet und regnet und regnet. Ich bin unmotiviert. Meinem Körper geht es nach dem Desaster gestern ausgesprochen gut.
11 Uhr. Ich pack mein Zeug im Starkregen. Starte Richtung Turracher Höhe. Da will ich drüber, aber nicht heute. Nach ca. 60 km kommt ein Campingplatz. 20 km vor der Passhöhe. Passt für heute.
Es geht an der Drau entlang. Langweiliger Naturweg, Sauigelei. Schutzblechfans wären begeistert von ihren Schutzblechen. Alles ist trüb, es regnet, meist mittel bis stark. Es ist kühl. Ich geb im Zweifelsfall etwas Gas. Die Beine sind gut, es rollt.
Der Weg biegt ab Richtung Klagenfurt. Erste Höhenmeter. Es läuft. Mir ist warm. Supermarkt. Ich kauf ihn halb leer und frühstücke im überdachten Bereich. Gestern Abend war ich zu kaputt zum essen!
Ich streife den Wörthersee, fahre teils auf schönen Wegen, teils auf Radwegen neben Bundesstraßen. Das gefällt mir nicht. Noch weniger gefallen mir 7 km auf einer sehr stark befahrenen Bundesstraße. ALLE Autofahrer sind rücksichtsvoll. Danke!
Der ein oder andere Tankstellen- oder Bäcker-Stop mit Cappuccino und Kuchen und so Zeug. Alle Gasthäuser und Radlerstopps, an denen ich vorbeikomme sind geschlossen ![]()
Ich verlasse die B93 und fahre einen wunderschönen Naturweg am Tiebelbach hinauf. Am Ende noch ein 400-Höhenmeter-Anstieg. Gut fahrbar, nicht zu steil. Ich lande auf dem angepeilten Campingplatz. Er sieht geschlossen aus. Jede Menge heruntergekommene Mobile-Homes. Auf der anderen Seite des Flüsschens steht ein Haus, ein Auto davor. Ich geh über die kleine Brücke. Das Haus ist tatsächlich die Rezeption. Eine Holländerin kommt raus, begrüsst mich, zeigt mir die im Keller befindlichen Sanitäranlagen. Einwandfrei. Ich bin der einzige Gast. Ich darf mich unter dem Dach mit Bänken und Stühlen ausbreiten.
Die Dusche war heiss. Ich liebe heisse Duschen. Volltreffer. Zwei abgelaufene Cola hab ich auch noch geschenkt bekommen.
Es regnet immer noch. Ich konnte mich im Lauf des Tages damit anfreunden und hatte auch wieder Freude an der Landschaft und den teilweise darin hängenden Wolken und Nebelschwaden.
Morgen gehts dann erst mal über die Turracher Höhe. Ich erwarte kein Highlight. Ist eher ein praktischer Pass. Ich möchte nochmal über die Alpen. Ohne Bahn und Tunnel und so was.
Ich bin trocken, mir ist warm. Gute Nacht ![]()

















Tag 19
Regen, Regen, Regen. Wieder bau ich ruckzuck alles ab, bring das Zeug unter das Dach und setz mich erst mal hin. Bei dem Regen will ich nicht los. Ich koche Kaffee und mache mir Porridge, studiere Wettervorhersagen und Regenradare. Sieht einfach nicht gut aus. Sagen wir lieber beschissen. Dauerregen. Will ich den aussitzen dann sitz ich heute Abend noch hier.
So gehts dann gegen 11 Uhr doch los. Hilft ja nix, ich will über die Turracher Höhe. Heute. 15 km leicht bergauf bis zum Beginn des richtigen Anstiegs. Tankstellenkaffee, Daunenjacke ausziehen, gegenüber im Laden noch meine Basics einkaufen. Mars, Cola, Trinkjoghurt, Bananen, Äpfel. Das muss für die übersichtlichen restlichen 700+ Höhenmeter reichen.
Ein Schild, 23%, klar, die 18%-Schilder sind ja so langsam auch langweilig, waren bestimmt mal im Sonderangebot.
Ich schraub mich langsam hoch. Es läuft wieder gut. Ich denk mir, lachhafte 23%, stelle mir schon vor, den ganzen Pass ohne Pause, ohne schieben hochzufahren. Über 200 Höhenmeter hab ich schon.
Dann seh ich sie. Die Rampe
Ich hab die noch aus jungen Jahren in Erinnerung. Ja, sie ist wirklich der Hammer. Fahren für mich undenkbar. Schieben schwer genug. Gegenüber vorgestern aber Kinderfasching. Nach einer Weile wird es wieder fahrbar.
Der Pass ist deutlich schöner als ich ihn mir vorgestellt hab. Wasser donnert neben der Strasse ins Tal, hübsche Ausblicke. Sehr sehr wenig Verkehr ![]()
Oben auf der Passhöhe liegt die Gemeinde Turracher Höhe. Ein Wintersport-Kaff. Ziemlich tote Hose um diese Zeit. Ich versuche kurz an einen Kaffee zu kommen, drei Fehlversuche, egal, mir gefällt das Ambiente da oben eh nicht gut. Auf in die Abfahrt. Mit Daunenjacke.
So ein Spaß. Kilometerlang geht es 900 Höhenmeter runter, erst steil und kurvig, gute Bremsen sind gefragt. Später angenehmes Gefälle, Genussrollen mit 30 km/h ohne bremsen zu müssen. Mir kommt die Abfahrt extrem lang vor. Geil geil grins grins.
Wo ist mein Rucksack? Da ist Geldbeutel und Notebook drin?!? Oben beim Daunenjacke anziehen liegenlassen?!?
Na?!? Reingefallen?!?
Ich auch! Ich dachte wirklich kurz, er wär nicht auf dem Rücken, manchmal spür ich ihn nicht, er ist so bequem ![]()
Unten im ersten Ort ein offener Gasthof. Ich hab zwei Tage lang nichts gescheites mehr gegessen. Hmmmm … Holzofenpizzatag. Besser als nichts
Lecker war sie.
Weiter die Mur hoch. Wunderwunderschön. Fluss, Bahnlinie, Radweg. Blumen Blumen Blumen. Gute Laune. Achja, ich war kurz in der Steiermark, jetzt bin ich im Salzburger Land. Für die Statistik.
Mein Navi schickt mich auf einen Naturweg direkt neben dem Bahngleis. Hübsch! Nach 1 km ein Tunnel. Ich überlege, ob ich durchschiebe, lass es aber bleiben und nehme einen Umweg.
Eine Brücke. Ich seh mal wieder einen klasse Schlafplatz (falls einem Wasserrauschen nichts ausmacht). Ich hab aber den Campingplatz 5 km weiter im Auge. Fahre noch durch Tamsweg. Das ist mal ein hübsches Städtchen und es ist ein wenig was los. Ich dachte so langsam schon, hier sei überall tote Hose.
Wieder mal bin ich auf einem schönen Campingplatz gelandet. Zwischen Wald und Fluss. Klein, ruhig. Zelt steht. Achja … Seit 2 Stunden regnet es nimmer ![]()
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Fertig für heute ![]()
































Tag 20
Ich wache gegen 8 Uhr auf, es ist warm im Zelt. Die Sonne scheint tatsächlich ![]()
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Ich putze und sortiere ein wenig mein Zeug, trockne ein paar Sachen und mach es mir in der “Tellerschaukel” bequem. Geniesse die Sonnenstrahlen und die Wärme. Im T‑Shirt ![]()
Die Schaukel ist zu bequem, ich döse vor mich hin, schon wieder ist es 11 Uhr bis ich auf dem Rad sitze. Halb so wild. Die halben Radfahrtage gefallen mir bestens.
Nach wenigen Kilometern bleib ich gleich mal bei Cappuccino und Torte hängen. Es ist einfach zuuuu schön alles. Das muss sich wieder mal setzen.
Weiter. Schon nach 12, ein Gasthaus mit vielen Gästen draußen. Das MUSS ja gut sein. Mittagessen. Oh, war das fein. Lungauer Knödelgeheimnis, das musste ich lüften ![]()
Nicht nur das Essen ist phantastisch, nein, das Lungau überzeugt mich restlos. Lieblich mit viel Wasser, der gewohnten Blumenpracht und sagenhaften Blicken auf die Tauern, das begeistert mich ![]()
Es geht sanft bergauf. Mein Rad rattert und knarzt angsteinflössend. Der Freilauf hinten ist hinüber. Ich schaue nach Fahrradgeschäften und werde nicht fündig. Solange ich trete ist alles okay, wenn es rollt zickt es. Heute steht noch eine lange Abfahrt an. Mir ist unwohl. Hilft nichts, ich will weiter, über die Tauern.
Tolle Wege, dann gehts irgendwann auf die Katschbergstraße. Ein Pass, ich habs so gewollt. Von der Steilheit relativ harmlos, nicht zu viel Verkehr. Na gut, flach ist auch dieser Pass nicht. Ich kurbel mich mal wieder hoch, bestaune die Landschaft, das Wasser überall …
Oben raus haut es mich fast um. Ich bin zutiefst beeindruckt, nein, überwältigt von der Bergkulisse. Ich wusste nicht, dass es hier so abartig schön ist. Vielleicht ist mein Blick heute auch sonnenverstrahlt. Die ist natürlich das i‑Tüpfelchen. Die Sonne ![]()
Oben liegt Obertauern, mal wieder ein Ski-Dorf. Wieder zwischen Winter- und Sommersaison. Baustelle und tote Hose. Ich setz mich irgendwo hin mit Bergblick, futter ein paar Schokoriegel, kann mich gar nicht sattsehen.
Abfahrt. Ich nehme mir vor, nicht schneller als 40 km/h zu fahren, habe Angst vor blockierendem Freilauf, was dann passiert will ich mir nicht ausmalen.
Die Abfahrt ist sensationell. 1000 Höhenmeter vernichten ![]()
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Ich vergesse meinen Vorsatz und heize runter. Ab und zu halte ich an, besinne mich, um 20 Sekunden lang wieder Vorsicht walten zu lassen.
Ich bin high, alles geht gut, es wird flach, der Freilauf rattert vor sich hin. EIn paar Tage lang muss er noch irgendwie durchhalten. Ja, nur noch ein paar Tage. Leiderleiderleiderleider. Ich könnte die Tour noch wochenlang fortsetzen.
Noch ist sie ja nicht vorbei. Hab einen halben Plan im Kopf, mal sehen, was morgen so kommt ![]()
Gelandet bin ich heute in Radstadt. Auf einem Campingplatz in nicht besonders toller Lage. Das Restaurant soll klasse sein. Vielleicht geh ich ja nochmal was essen. Hunger hab ich keinen. Ach was. Ein Salat geht immer. Mit einer leckeren Beilage. Hirsch oder Forelle.
Ich bin immer noch total geflashed von dem Tag und ziemlich begeistert, wie gut die Beine drauf sind. Ich muss zum Ende kommen, letzte Bestellung im Restaurant 20:45 Uhr, davor möchte ich noch duschen.
Und tschüss ![]()































Tag 21
Wieder scheint die Sonne. Das Zelt steht im Schatten, ich dreh mich noch ein paar Mal im Halbschlaf um. Und noch ein paar Mal. Und ein vorletztes Mal. Und ein letztes ![]()
Gegen 10 Uhr sitze ich auf dem Rad. Nach einem bisschen wunderschönsten Naturwegen geht es irgendwann auf eine Bundesstrasse. Die junge Salzach runter. Tolles leichtes Gefälle, ich fahre 20 km lang genüsslich ein wenig mittretend mit 30 km/h die Strasse runter bis Bischofshofen, das ich links liegenlasse. Ein Traum! Zwischendurch mal Cappuccino und Torte, so ein Tag muss schliesslich gebührend gefeiert werden.
Der Freilauf hat sich stark gebessert. Meine Theorie … da kam durch das Siffwetter irgendwo Schmodder rein und der ist nun getrocknet und kleingemahlen. Mir fällt auch noch die Furt ein, durch die ich an dem Horrortag über den Bärensattel von Slowenien nach Kärnten gefahren bin. Normalerweise DAS Erlebnis des Tages, an dem Tag ging es unter
Die Furt war ca. einen halben Meter tief durch den vielen Regen. Ich musste nicht absteigen und war trotzdem bis zu den Knien nass. Da lief bestimmt auch aufgewühltes Dreckwasser in alle möglichen nimmer ganz dichten Lager rein.
Egal. Es läuft wieder. Sowohl das Rad als auch überhaupt und so ![]()
Unten im Tal, wo die Salzach flacher und grösser wird schwenke ich Richtung Norden. Konstant garstiger Gegenwind. Heute hat er keine Chance mich zu zermürben. eine Mischung aus schönen Radwegen und Bundesstrasse, imposante Berge links und rechts. Pass Lueg, ein Witz, paarundfünfzig Höhenmeter.
Ich bin auf dem Alpe-Adria-Radweg. Das merke ich, unzählige Radfahrer kommen entgegen. Viele Rennradler überholen mich, die kommen heute aber bestimmt nicht von der Adria. Auch jede Menge eBiker pfeifen vorbei. Es sei ihnen gegönnt ![]()
Das letzte Stück an der Salzach ist wieder gaaaaanz klasse. Abseits der Bundesstrasse, kleine Strässchen, tolle Landschaft. Ich bin schlecht auf das Schreiben des Tagebuchs vorbereitet. Ich muss meinen Wortschatz erweitern. Immer das Gleiche. Toll, klasse, sensationell, atemberaubend.
Ich versuchs mal … herzallerliebsterquickendfriedlichdreinschauende Kühe glotzen mich an. Die Sinne betörende Blumen blühen wieder um die Wette und so weiter und so fort …
Pizza in Hallein bei einem wahnsinnig herzlichen Italiener. Er begrüsst mich mit einer Alkoholfahne, raucht Kette, sieht aber mit 68 Jahren (hab ihn einfach gefragt weil ich es wissen wollte) aus wie das blühende Leben. Volle weisse Haare, so voll, wie meine noch nie waren. Dazu italienisch-österreichischer Slang und diese Herzlichkeit. Klasse!
Ein Berglein zwischen dem Salzburger Land und dem Berchtesgadener Land stand an. So ein ganz kleiner namenloser Minipass (250 Höhenmeter), breit wie bei uns die Wirtschaftswege aber doch ein offizieller Grenzübergang, der mit Autos gefahren werden darf. Ein kleines Juwel. Oben angekommen begrüssen mich die Berge des Berchtesgadener Lands. Die brauchen sich mal gar nicht zu verstecken. Tun sie auch nicht. Herrlich ![]()
Die letzten Kilometer zum Königssee. Geil. Blick auf Watzmann & Co im Abendlicht. Seit Hallein liegen Gewitter in der Luft, es blieb trocken ![]()
Campingplatz. Voll, aber ich darf in einer Ecke zwischen Wohnmobilen noch mein Zelt aufbauen.
Abendspaziergang zum See. Toller Tag. Wow, wow und nochmal wow! Wer hätts gedacht ![]()
Fertig.























Tag 22
Ein nettes Paar aus dem Wohnmobil nebenan lädt mich zum Kaffee und Frühstück ein. Sie kommen aus Gärtringen, Dönerzone 4, daher bestens bekannt
Leckeres und kurzweiliges Frühstück.
Auf die paar hundert Meter zum Königssee verzichte ich heute, hab ihn ja gestern abgehakt und muss da nicht nochmal hin. Los Richtung Berchtesgaden auf dem Bodensee-Königssee-Radweg. Den bin ich ja an Ostern von Lindau bis ins Inntal geradelt, jetzt möchte ich den restlichen Teil von hinten her aufrollen. Oder ab.
Berchtesgaden ist ein schön herausgeputztes Städtchen, bis dahin schöne Wege direkt am Fluss entlang. Kaffee/Kuchen-Stopp, ist ja inzwischen festes Programm ![]()
Bis Bad Reichenhall ein eher öder Abschnitt. Viel Straße oder Radweg direkt daneben. Das Städtchen ist aber wieder sehr schnuckelig. Ich bin heute ein wenig traurig über die langweiliger werdende Landschaft. Die Zeit der imposanten Berge ist vorbei. Wehmütige Blicke zurück auf den beeindruckenden Watzmann. Meine Begeisterung hält sich erst mal in Grenzen. So muss ich mich halt mit leckerem Gyros bei Laune halten. Unmotiviertes, genervt wirkendes Personal. ‘tschuldigung, dass ich hier Gast bin. Abzug in der B‑Note. Gyros und Salat punkten aber mit gutem Geschmack ![]()
Die Wege werden langsam schöner, ich bin aber nicht begeistert. Warum eigentlich nicht? Schönheit liegt ja im Auge des Betrachters. Sagt man.
Betrachter an Auge: “mach mal was”. Auge: “eye eye Sir”.
Wieder mal hilft der Reset. Es geht ins Chiemgau, das ist halt anders. Anders wunderschön. Ich sehe plötzlich viele Kleinode am Rand, freunde mich mit der hügeligen Landschaft an, komme wieder in richtig gute Stimmung ![]()
Ein junges Mädel sitzt auf einem Rasenmäher und mäht eine riesige Wiese. Hier ist die Emanzipation also auch schon angekommen. Oder der Vater hat keinen Bock und keine Söhne. Ich weiss es nicht.
Die Wege sind klasse, 99% abseits von Straßen. Die Sonne scheint ungetrübt
Die Seele baumelt vor sich hin. Es ist mal wieder schon recht spät. Noch 10 km. Eine Grillbude direkt am Weg. Liegestühle, sehr hübsch gemacht. Dazu chillige Musik. Da MUSS ich anhalten.
Ein dunkelhäutiger Typ lacht mich an, ich sag einfach dunkelhäutiger Typ ohne mich mit political correctness auseinanderzusetzen. Meinen Respekt erfährt er so oder so. Wir kommen ins Gespräch, er scheint mir meine Begeisterung anzusehen und erzählt mir, dass die Bude ein Ergebnis des Corona-Lockdowns ist. Er mag seinen Job, das merkt man ihm an. Ich erzähl ihm, wie arg ich auf so kleine unerwartete Highlights stehe. Wir freuen uns beide. Der Schweinehals wird frisch gegrillt, Paprika und Zwiebel drauf und leckere Sösschen. Das Ganze rein in die Semmel und in den Bauch ![]()
Die Bude erinnert mich ans Klein-Krummbi zu Hause. Gleiches Konzept, nur einfach in schönerer Lage und noch viel schöner aufgemacht. Eine Runde chillen und ab zum Campingplatz.
2 Kilometer vor dem Ziel macht sich der Freilauf wieder bemerkbar. es lief so gut, so ruhig, alles schnurrte vor sich hin. Jetzt rutscht er dummerweise beim treten manchmal durch und ich trete ins Leere. Die 2 Kilometer waren kein grosses Problem.
Ob ich morgen damit noch ins Inntal komme. Ich befürchte, nein. Ist nicht so schlimm. Morgen Abend ist so oder so Ende. Ich bin traurig, freue mich aber ein klitzekleines Bisschen auch auf zu Hause. Auf den Balkon. Aufs Montagsbüro. Auf den Kindersport. Aufs Tischtennis spielen. Auf die Donnerstagabenddönerrunde. Auf Freunde.
Ein klitzekleines Bisschen.
Ich will noch kein Fazit ziehen. Fazit ziehen wird mir bestimmt große Freude bereiten, das heb ich mir auf ![]()
Fertig.
























Tag 23 — Finale
Die Sonne heizt das Zelt auf. Bevor der Wecker klingelt flüchte ich ins Freie. 7 Uhr. Die zwei jungen Thüringer (nicht Rostbratwürste sondern Radler) sind schon weg. Sachen gibts ![]()
Warum erzähl ich das? Weil ich es lustig finde. Sonst ist nämlich erst mal nichts lustig. Gar nichts.
2 km weiter in den Zug setzen und das wars dann? Ein unwürdiger Abschluss dieser grandiosen Tour. Sie begann mit einem Paukenschlag. Sie muss nicht mit einem Paukenschlag enden. Aber auch nicht so trist. Irgendein Ziel brauch ich noch!
Ich radel zur Tankstelle. Kaffee und Snacks. Das Rad zickt arg. Ca. 25 km bis zum Chiemsee. Sieht sehr flach aus. Das muss gehen. Der Chiemsee ist jetzt das Ziel. Ein mal schwimmen. Die Laune wird besser
Die Idee scheint ganz gut zu sein.
Ohne Druck auf den Pedalen komm ich gut vorwärts. Die Landschaft interessiert mich nicht. Ich bin völlig in Gedanken versunken. Verarbeite alles mögliche.
Einen Käsekeks und Cappuccino. Weiter. Ich freu mich immer mehr auf den Chiemsee. Die Reise wird abgerundet enden. Auf einmal bin ich mir sicher. Glücksgefühle kommen hoch. Ich stosse auf den See, gleich hier kann ich schwimmen. ![]()
Ich springe mit Klamotten ins Wasser, so sind sie für die Zugfahrt gleich ein wenig frisch. Ich hab Zeit, sie in der Sonne am Körper trocknen zu lassen. Es ist völlig egal, ob ich 14:06, 15:06, 16:06, 17:06 oder gar erst 18:06 Uhr in den Zug steige.
Ich sitze auf einer Bank, bin glücklich. Schicke einer Freundin eine Antwort auf eine Frage per Sprachnachricht. Danach erzähle ich, dass ich gerade im Chiemsee meine Tour beendet habe. Im ersten Satz breche ich in Tränen aus, würge noch einen Satz raus. Ende. Glückstränen. Ich lass sie laufen. Glücksgefühle überrennen mich. Ich weiß nicht wohin damit
Was für ein Abschluss! Genau so! Ich sitz im Zug und heule beim schreiben ![]()
Das waren mehr als drei Wochen Höhenflug mit Turbulenzen. Überwältigend. Ich muss halbwegs kontrolliert landen. Das wird die letzte Aufgabe der Tour sein. Keine einfache.
Ich kann mich nach 3 Wochen noch leiden, das Mindset hat brilliert, der Körper war gut drauf, das Rad hatte mit dem Defekt ein gutes Timing. Nach 16 Jahren darf auch mal was kaputt gehen!
Falls ihr es noch nicht gemerkt habt und es wissen wollt sage ich es halt. Ich bin high ![]()
Danke fürs verfolgen der Tour ![]()
Punkt. Aus. Ende.















Fazit
24 Tage war ich incl. An- und Abreise unterwegs. Radelnd und wandernd kamen 1.100 km mit 18.000 Höhenmetern zusammen.
Sooooo wenig Kilometer würde ich normalerweise denken
Völlig egal! Jeder Meter hatte es in sich. Erlebnisse, Emotionen, Menschen, Natur. Vieles wird unvergesslich bleiben.
Ein paar Bedenken hatte ich, wie es sein wird, über drei Wochen lang allein unterwegs zu sein. Die Bedenken lösten sich in Luft auf. Es war klasse, Entscheidungen und Fehlentscheidungen allein getroffen zu haben. Ohne Rücksicht auf Empfindlichkeiten und Befindlichkeiten anderer meine eigenen Empfindungen dermaßen intensiv wahrzunehmen und steuern zu können, sämtlichen Gelüsten nachgehen zu können, festzustellen, wie einfach Ansätze schlechter Laune in allerbeste Laune wandelbar war, das hatte großen Anteil daran, dass die Tour gefühlt so grandios wurde ![]()
Okay … die letztjährige Nordkaptour gemeinsam mit tollen Menschen war höchstwahrscheinlich genauso grandios ![]()
Am Ende wurde aus der Slowenien-Tour ja fast mehr eine österreichische Alpentour, die Idee, vor dem schlechten Wetter zu fliehen war auf jeden Fall gut und die östlichen Alpen, die ich nicht so gut kenne haben mir bestens gefallen.
Ich bin ja ein wenig ein Ausrüstungs- und Leichtgewichts-Freak. Ich war mit Gepäck für 4 Jahreszeiten unterwegs, da kam schon einiges zusammen. Hintenraus hab ich gemerkt, dass ich mich nach und nach an das Gewicht gewöhnt hatte. Von daher würde ich sagen, dass „ultraleicht“ gern überbewertet wird
Vor allem von mir. Klar, ich hab mich auch an meinem funktionierenden Zeug erfreut und ein 25-Kilo-Rad incl. Gepäck macht wahrscheinlich manchmal mehr Spaß als ein klappernder 50-Kilo-Bolide, entscheidend ist es aber sicherlich nicht ![]()
Immer wieder mal musste ich an hier gestellte Fragen denken, zu denen ich auch gerne meinen Senf dazugebe … welches Rad, welche Taschen, welche Unterhose muss ich kaufen, um eine tolle Tour fahren zu können. Scheissegal. Wahrscheinlich hätte ich mit einem klapprigen Klapprad mit zwei Anhängern hinten dran auch viel Spass gehabt. Der Blödsinn über den Bärensattel ersetzte ca. fünfundzwanzigtausend an Bahnhöfen nicht vorhandene oder nicht funktionierende Aufzüge. Auch in dieser Hinsicht kam ich also auf meine Kosten
Wahrscheinlich geht es mir mit solchen Hürden gut, weil ich mir die selbst in den Weg lege und nicht jemand anders oder die Bahn, auf die ich schimpfen könnte. Ich schimpf dann halt gedanklich kurz mit mir und dann ist es auch wieder gut. Hinterher sind gemeisterte Hürden eh die Highlights ![]()
Die Mischung aus Extremgenuss, Extremanstrengung, Regentrübsal, Sonnenbrand, frieren, schwitzen und auch alles im Komfortbereich dazwischen war einfach perfekt.
Ich bin noch nicht wieder vom Höhenflug gelandet und wünsche jedem, dass er sich die Welt ein bisschen so macht, wie sie ihm gefällt. Oder ihr ![]()



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